2015-05-26 13:33:00

Soziallehre: „Sie ist so wichtig, wie wir sie machen“


Es dreht sich alles um katholische Soziallehre: Wenn die päpstliche Stiftung „Centesimus Annus Pro Pontifice“ ihre Tagungen hält, werden Entwicklungen und Themen debattiert, welche die Lehre herausfordern oder neue Fragen stellen. Es geht aber auch um Reflexion, wie der zweite Tag der Tagung zeigt. An diesem Dienstag verleiht die Stiftung einen Preis: Einer der Preisträger ist der Österreicher Alexander Stummvoll, er hat sich in seiner nun prämierten Doktorarbeit mit der Soziallehre und der vatikanischen Diplomatie befasst.

Radio Vatikan hat Stummvoll gefragt, ob die Katholische Soziallehre heute noch die Bedeutung hat, die sie früher einmal hatte. Seine Antwort: „Sie ist so bedeutsam, wie wir sie machen. Alle katholischen Christen sind aufgerufen, darüber zu reflektieren, zu beten und auch zu beichten, wie erfolgreich oder nicht erfolgreich, wie ernst oder weniger ernst sie Soziallehre genommen haben. Es ist ja klar, dass man Christsein nicht nur am Sonntagvormittag leben kann, wenn man in die Kirche geht. Es ist eine Berufung, die für die ganze Woche gilt, für die Familie genauso wie in der Gesellschaft und in der Politik.“

In den Debatten um Sterbehilfe etwa oder Christenverfolgung spiele die Soziallehre nach wie vor eine Rolle, auch unter Politikern, so Stummvoll. Wichtig sei es aber, von den eher abstrakten Lehren ins konkrete soziale und wirtschaftliche, manchmal auch politische Leben zu kommen. Und genau dazu hat Stummvoll gearbeitet: Wie kommt man von den Idealen zu konkreten – in seinem Fall diplomatischen – Entscheidungen? Seine Frage: Wie hielt es die Vatikandiplomatie mit der Sozailehre? „Da hatte ich einige sehr interessante Fallstudien, die das gesamte Spektrum der Soziallehre widerspiegelten. Der Vietnamkrieg, die Krise des Kommunismus in Polen in den 80er Jahren und die Rolle, die Johannes Paul II. dabei spielte, in den 90er Jahren waren es dann eher die so genannten ‚Kulturkriege‘, besonders bei den UNO-Bevölkerungskonferenzen in Peking und Kairo, und dann hin zur großen Entschuldungskampagne im großen Jubiläumsjahr 2000. In all diesen Fallstudien konnte ich im Prinzip aufweisen, dass selbst der Vatikan Probleme hatte und herausgefordert war, in diesen schwierigen politischen Umständen die katholische Soziallehre nicht nur zu predigen, sondern auch umzusetzen.“

Katholische Soziallehre gibt es bereits seit Papst Leo XIII. und seiner Enzyklika Rerum Novarum (1891); seitdem haben die Päpste in regelmäßigen Abständen Sozialenzykliken veröffentlicht und damit die Lehre angepasst, zuletzt Papst Benedikt XVI. In Kürze wird eine weitere Anpassung erwartet: Die Ökologie-Enzyklika von Papst Franziskus soll einen Impuls aufgreifen, der in diesen Zusammenhang hinein gehört, die Nachhaltigkeit und die Frage der Um- und Mitwelt. Andere Fragen für die Zukunft seien die Frage, was es bedeutet, als Christen die Minderheit in einem Land zu sein, oder die Fragen, die aus dem Rest der Welt an Europa gestellt werden. „Die Themen, die in Afrika, Südamerika und Asien im Vordergrund stehen, sind nicht notwendigerweise die Themen, die uns am meisten beschäftigen. Wir sehen unter Papst Franziskus, dass das Thema der Armut und der Armen und der Gerechtigkeit eine viel größere Rolle einnimmt, neue Prioritäten setzt. Bei dieser Prioritätensetzung wird es spannend sein, wie sich das in Zukunft fortsetzen wird.“

(rv 26.05.2015 ord)

 








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