2015-05-01 09:00:00

Papst Franziskus steht Laien Rede und Antwort


Die Nähe zu Menschen in allem Engagement: Um diesen Gedanken kreiste der Papst in seinen Antworten auf ihm gestellte Fragen an diesem Donnerstag Abend. Bei seiner Begegnung mit Vertretern der Laienbewegungen „Gemeinschaften Christlichen Lebens“ (GCL) und der „Missionarische Studentenliga“ (LMS) am Donnerstag im Vatikan sprach Papst Franziskus frei und ging auf die Fragen ein, die sich aus dem sozialen Engagement der Mitglieder der Bewegungen ergaben.

Fast eine Stunde stand der Papst den Audienzteilnehmern freie Rede und Antwort, und die Fragen hatten es in sich, sie gingen in die Tiefe. Paola, die in einem Gefängnis in der süditalienischen Region Reggio Calabria arbeitet, wollte etwa wissen: Uns fällt es ja leicht, von Hoffnung zu reden – wie aber kann ich das einem Häftling vermitteln, der „lebenslänglich“ bekommen hat?

Auch an die Peripherie zu gehen erfordert Demut, so Franziskus Antwort: „Man kann nicht in ein Gefängnis gehen mit der Einstellung: ,Ich komme und rede jetzt von Gott zu dir, damit du geduldig bist; du bist ja ein Sünder, gehörst einer niedrigeren Klasse an.‘ Nein, nein! Ich bin ein größerer Sünder als du – das ist der erste Schritt. Im Gefängnis kann man so etwas mit viel Mut sagen, aber wir müssen es immer sagen. (…) Ohne ein solches Bewusstsein können wir nicht an die Peripherie gehen.“

 

Hoffnung geben: Nicht reden, sondern Gesten

Ja, was sagt man einem solchen Mann, der eine lebenslange Freiheitsstrafe aussitzen muss? - setzte der Papst dann nachdenklich nach: „Vielleicht gar nichts sagen. Die Hand nehmen, sie streicheln, mit ihm oder ihr weinen… Die gleichen Gefühle haben, die Jesus hatte. Sich dem Herzen nähern, das leidet. Oftmals können wir nichts sagen. Nichts. Denn ein Wort wäre ein Angriff.“

Und wie kann ich mich selbst verändern durch den Dienst am Nächsten und ihn nicht allein als bloße Wohltätigkeit sehen?, wollte Paola dann noch wissen. Wohltätigkeit sei der erste Schritt, um Menschen zu fördern, hielt der Papst zunächst fest: Kinder und Arbeitslose, Hungernde und Bedürftige. Der Unterschied zwischen gewohnheitsmäßiger Wohltätigkeit und echter Unterstützung liege jedoch in der Tat darin, was die „gute Tat“ mit dem Wohltätigen selber mache: „Was den Unterschied (…) ausmacht, ist, dass die gewohnheitsmäßiger Wohltätigkeit dein Gewissen beruhigt (…), das Helfen aber an deine Seele rührt: ,Ich muss noch mehr tun…‘ Das ist die gesunde Unruhe des heiligen Geistes.“

Er hoffe, er habe Paolas Fragen beantworten können, fügte der Papst an: „Denn wenn mir solche Fragen gestellt werden, besteht ja die Gefahr - auch für den Papst - zu glauben, dass man alle beantworten kann… Der einzige, der das kann, ist ja der Herr. Meine Aufgabe ist einfach, zuzuhören und das zu sagen, was aus meinem Inneren kommt“, so Franziskus bescheiden: „Aber auf sehr ungenügende und begrenzte Weise…“

 

Korruption in der Kirche: Auch ein Papst braucht Hoffnung

In seiner nächsten Antwort ging Franziskus dann nochmals auf das Thema Hoffnung ein. Eine junge Sardin, aus Cagliari, erbat ermutigende Worte des Papstes für ihre Generation. Der Papst nutzte die Gelegenheit, das Thema auch auf sein unmittelbares Umfeld zu beziehen: „Immer gibt es etwas, was die Hoffnung enttäuscht“ – dies gelte sowohl für junge Leute als auch alte Herrn im Vatikan: „Ich erinnere mich an den Kreuzweg Papst Benedikt XVI., als er uns dazu einlud, die Kirche vom Schmutz zu befreien… Auch in der Kirche gibt es Korruption! (…) Doch die wahre Hoffnung ist eine Gabe Gottes, ein Geschenk, und enttäuscht uns nie.“ Der Schlüssel, den Mut nicht zu verlieren, sei Demut, so Franziskus weiter: „Die Versuchung besteht, dass die Hoffnung zu schwinden scheint, wenn wir die Brutalität in der Welt sehen. Aber im demütigen Herzen bleibt die Hoffnung bestehen.“ Demut lasse dienen, griff der Papst dann das Tagesevangelium auf: „Jesus ist gekommen, um zu dienen, nicht um bedient zu werden (…) Demut und Dienst: diese beiden Dinge hüten die kleine Hoffnung, die demütigste Tugend, die uns das Leben gibt.“

 

Die Kultur des Wegwerfens

Eine weitere Frage schloss sich direkt an den Gedanken des Dienstes an: Wie soll man heute in der Gesellschaft Verantwortung übernehmen? Jedenfalls nicht dadurch, dass man eine ‚katholische Partei’ gründe, antwortete Papst Franziskus. Politik sei wichtig, auch für Christen, aber nicht exklusiv, erläuterte er in einem seiner Frage – Antwort – Dialoge mit sich selbst. „Ein Katholik, darf der denn in die Politik gehen? Er muss! Ja aber ein Katholik, darf der sich denn auf dieses Feld begeben? Er muss! Der selige Papst Paul VI. hat wenn ich nicht irre gesagt, dass Politik eine der höchsten Formen der Nächstenliebe ist, weil sie das Gemeinwohl sucht. Aber Pater, Politik ist nicht einfach, weil diese Welt so korrupt ist … Es ist ein wenig wie ein tägliches Martyrium, das Gemeinwohl suchen ohne sich korrumpieren zu lassen.“ Als Beispiele erwähnte der Papst Robert Schuhmann und Alcide De Gasperi, beides Politiker der Nachkriegszeit aus christlicher Überzeugung. Es sei schwierig, sich in der Welt zu engagieren, ohne sich die Hände schmutzig zu machen, so der Papst. Und wie er in einer anderen Antwort betonte: es brauche „kontemplative Menschen in Aktion“. Mit diesem Prinzip des Ordensgründers der Jesuiten, Ignatius von Loyola, könne man auch auf sein eigenes Engagement blicken: „Kontemplativ sein in Aktion bedeutet, nicht sein Leben zu leben und dabei nur in den Himmel zu schauen, denn dann fällt man in die Grube, ganz sicher.“ Es brauche die Berührung mit der konkreten Welt, so schwierig sie auch sei, so der Papst.

 

(rv 01.05.2015 pr/ord)








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