2015-04-01 06:00:00

Päpste, Präsidenten und Bücher für die Ewigkeit


An der Via Appia Antica, der ersten römischen Fernstraße, der „Königin der Straßen“, liegt die prachtvolle Villa Dino. Nicht viel weist von außen daraufhin, dass sich hier ein Buchbinder versteckt, der mit denselben Techniken arbeitet, wie schon seit Jahrhunderten Bücher gemacht werden: Alles per Hand und ohne Maschinen. Für Radio Vatikan hat Dino Salvatore Giorgio von D’ORO Collection seine geheimnisvollen Pforten geöffnet. Seine Kundenliste liest sich wie ein Forbes-Ranking, seine Aufträge stammen aus der ganzen Welt:

„Von Angola bis Kasachstan, von Madagaskar bis Afrika, China, Russland, viel aus Amerika, Südamerika… praktisch aus der ganzen Welt. Drei Päpste, drei amerikanische Präsidenten, Königin Elisabeth II., zwei Präsidenten aus Russland, vier afrikanische Präsidenten, fünf Könige aus Saudi Arabien.“

Sie alle haben eines gemeinsam: die teuersten Bücher der Welt. Innen mit Seide aus Japan, Außen vergoldet. Alles per Hand genäht, gedruckt, gesetzt. Im Schnitt kostet ein Buch 16.500 Euro, oft sogar noch mehr. Für Dino, den Chef des Verlags fing alles vor 12 Jahren an, als er die Druckerei seines Vaters erbte. Es war bereits damals ein prestigeträchtiges Unternehmen. Unter dem Namen D’initore verlegte sein Vater Bücher für den Vatikan oder zum Beispiel für Präsident George Bush. Sein Sohn bekam dann seinen ersten großen Auftrag von einem Papst, vor genau zehn Jahren. Es war indirekt Johannes Paul II., der gemeinsam mit seinem langjährigen Freund dem italienischen Philosophen und Theologen Padre Giambattista Mondin ein philosophisches Traktat über Gott verfasste.

„Zwanzig Jahre lang sind sie zusammen gewesen und haben gemeinsam diesen Text verfasst. Sie haben mir also diesen Text gebracht und dann fragen sie mich, kannst du das machen? Willst du das machen? Mit dem Vorwort des Papstes und so weiter. Natürlich, habe ich sofort ja gesagt. Aber als mir das Buch übergeben wurde, ist Papst Johannes Paul II. gerade verstorben. Es ist also das erste Buch, das je von einem Papst geschrieben wurde für einen privaten Verlag. Also, außerhalb des ganzen ökonomischen Kreislaufs.“

 

Nicht Teil der Konsumwelt

Die handgemachten, wertvollen Bücher sind für Dino Salvatore Giorgio außerhalb des „ökonomischen Kreislaufs“, weil ihre Produktion limitiert ist. Die wenigen Ausgaben könnten auf der ganzen Welt verstreut sein, wie beispielsweise das Buch von Padre Mondin und dem heiligen Papst Johannes Paul II. „Ein Teil beim Vatikan, im Museum, bei Sammlern…nicht weil es ein Buch aus Gold ist, sondern weil es ein Text ist, den ein Papst geschrieben hat und nur in 500 Ausgaben aufliegt. Das ist das Besondere.“

Das Buch Gott, DIO, ist als ein universales Traktat der Philosophie zu verstehen. Jeder kann das Buch lesen, erklärt Dino. Egal ob Atheist, Jude, Muslim oder Katholik. Es startet bei der Analyse der Philosophen des Gottes – von dem Heiligen Thomas von Aquin, Augustinus von Hippo oder Paulus und geht dann über zu den Philosophen, die wie man umgangssprachlich sagt „Gott sozusagen getötet haben“ -  Platon, Sartre, Nietzsche und Marx. Schließlich endet das Buch jedoch wieder mit dem Vater Unser und kehrt so zum Glauben und zu Gott zurück. Das Buch vereint Antikes mit der Modernität, nicht nur inhaltlich sondern auch äußerlich und spiegelt in diesem Sinn auch die Ideologie des Verlags wider.

Dino verwandelte nach seinen eigenen Worten den bereits bekannten Verlag D’initore seines Vaters zu dem Verlag Edizione D’oro. Die Nischenproduktion sucht den Kontrast zwischen Alt und Neu, Modern und Antik. Er strebte nach der vollkommenen Perfektion und wollte die antike Herstellung des Buches an sich zu seiner Kunst werden lassen und sie zurück in die Gegenwart holen. Er fragte sich stets und bei jeder Prozedur. Wie können wir das besser machen?

„Ok. Wir produzieren das Papier per Hand, wir drucken per Hand, wir nähen per Hand. Wir machen den Einband per Hand. Und dann…..nach fünfzehn Jahren sind wir die einzige Druckerei, die alles von Hand macht, von A-Z.“

Nur Einzelstücke

Jedes Bild in seinen Büchern ist handgemalt und extra angefertigt von Künstlern, jeder Buchstabe von Hand gesetzt. Von den rund 50 Mitarbeitern sind die Hälfte in der künstlerischen Produktion tätig. Keine Maschinen, nur Hände. Und jeder Schritt der Produktion ist ein Handwerk, das ist nicht nur ersichtlich sondern auch fühlbar.

„Spüre das Blatt, alles per Hand gemacht…so wie vor Zeiten Gutenbergs“, lädt der Verleger ein. Am Aufwendigsten ist der vergoldete Buchumschlag: Ein Bildhauer gestaltet einen Bronzeabguss mit der von Künstlerhand entworfenen Abbildung für das Titelbild. Eine Kupferschicht wird dann über diesen Abdruck gelegt und per Hand mit rund 800 Hammerschlägen geformt. Das Kupfer formt sich so mit jedem Schlag mehr an den Abdruck an.

Dann kommt es zum Goldbad. Basierend auf dem komplexen galvanischen Beschichtungsprozess wird das Kupferblatt in unterschiedliche säurehaltige Bäder gelegt. Eines davon gefüllt mit 180 Liter Gold. Ein Glas Gold am Tag könnte man hier ohne weiteres mitnehmen. Deswegen arbeitet in diesem Bereich auch nur Mitarbeiter Alberto und dessen Sohn und der ist nach so langer Zeit schon fast ein Teil der Familie von Dino.

„ 22 Jahre….Ich habe mit 13 Jahren angefangen, Es ist wie eine Kunst…ich mach sozusagen das Kleid. Es ist wie eine Kreatur, die zur Welt gebracht wird.“ Die Produktion ist langsam, aber eben effektiv. In einer Woche kann Edizione D‘Oro sechs Bücher produzieren. Manche Bücher sind für den allgemeinen Markt vorgesehen, andere wiederum nur für wenige Augen und auf Kommission. So kann es beispielsweise vor kommen, dass Gedichte eines verstorbenen Königs nur von dessen Familie als persönliches Buch produziert werden soll, erklärt Dino. Ob Regierungen, Könige, Banken oder Stiftungen, manche wollen einfach ihre persönliche Geschichte auf eine besondere Art und Weise verewigen. Oft werden seine Bücher auch als diplomatische Geschenke genützt.

Und die Digitalisierung?

Die Zukunft der Bücher sieht laut Dino Salvatore Giorgio düster aus. Sein Ziel war es mit dieser Art von Büchern gegen die Digitalisierung und gegen die Zeit zu arbeiten. Ihm geht es um die Überlieferung.

„In rund zwanzig Jahren werden 99 Prozent der Menschen um ein Cent Bücher herunterladen. Und die einprozentige Minderheit wird sich nicht mehr für die Kosten interessieren. Denn sie sagen, wenn ich mir ein Buch kaufe, dann will ich, dass es mein ganzes Leben lang existiert. Dass es für immer in meiner Bibliothek steht. Etwas was der Vater dem Sohn übergeben kann. Deswegen publiziere ich so nur neue Texte und keine alten. Das Buch soll kein Objekt für Buchfetischisten sein, sondern es wird zu einem kostbaren Schmuck, einem Schatz für denjenigen der sammelt, was drinnen geschrieben steht.“

Mit dem emeritierten Papst hat der Verlag einige Werke herausgebracht, verrät der Herausgeber. Eines davon, welches dieser über Johannes Paul II. geschrieben hatte, es könnte in eine Reihe von „Päpste über Päpste“ passen, hat er unlängst bei einer Generalaudienz Papst Franziskus als Geschenk übergeben. Dieser lobte ihn für seine Arbeit und sagte ihm, nur weiter so.

(rv 01.04.2015 no)

 








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