2015-03-28 12:21:00

Kreuzweg-Texte für den Papst: „Alles ist Einfühlung“


Der emeritierte Bischof von Novara, Renato Corti, hat die Meditationen zum diesjährigen Kreuzweg am Kolosseum verfasst. Die Texte wurden an diesem Samstag auf Italienisch von der Vatikanzeitung „L’Osservatore Romano“ veröffentlicht. „Ich habe mich von den ersten Worten inspirieren lassen, die Papst Franziskus bei seinem Amtsantritt gesagt hat“, erklärt Bischof Corti in unserem Interview: „Es war der Tag des heiligen Joseph 2013, und er stellte den Heiligen als einen Hüter dar. Hüter Mariens, Hüter Jesu, und zwar auf eine sehr diskrete, schweigsame Weise. Und der Papst nannte dann das Kreuz den ‚leuchtenden Höhepunkt der Liebe Gottes, der uns hütet‘ – das gab mir das Thema. Dem habe ich noch hinzugefügt: ‚Auch wir sollen Hüter des Menschen sein, aus Liebe‘.“

Dieses Thema des Hütens und der Liebe wird in den Texten zu allen vierzehn Kreuzwegstationen durchdekliniert, auch mal mit einem Zitat des heiligen Paulus, des verstorbenen Mailänder Kardinals Carlo Maria Martini oder des in Pakistan ermordeten Christen Shahbaz Bhatti. Bischof Corti versetzt sich zu jeder Kreuzwegstation in der Regel in den leidenden Jesus hinein, schreibt geradezu ein Gedankenprotokoll des auf Golgota zugehenden Herrn. Dann folgt das, was er „Unsere Resonanz“ nennt: Gedanken, die das damalige Geschehen ans Heute knüpfen. „Und ich erinnere auch an einige schwerwiegende Dinge, die geradezu das Gegenteil von Hüten sind, nämlich das Böse, das jungen Leuten angetan wird, oder das Alleinlassen der Armen… Ich spreche explizit von heißen Themen, z.B. von der Todesstrafe, die abgeschafft werden sollte, von der Folter, die vollkommen zu bannen wäre, von Kindersoldaten, vom Menschenhandel. Gleichzeitig aber spreche ich auch von den wunderschönen Erfahrungen der Menschen, die Hoffnung in die Welt bringen, zum Beispiel der Ordensfrauen, die sich um frühere Kindersoldaten kümmern und ihnen einen Sinn für ihre Würde geben. Das sind die Zeichen des Reiches Gottes, das kommt.“

Auch ein Gebet für die bevorstehende Bischofssynode zur Ehe- und Familienpastoral finden sich in den Texten, die beim abendlichen Kreuzweg am Kolosseum im Beisein des Papstes vorgetragen werden. Es sind vielstimmige Meditationen; auch Joseph von Arimatäa, Nikodemus und Maria sprechen in direkter Rede.

„Es mag sein, dass das literarische Genre, das ich gewählt habe, einige überrascht und manchen auch verstört. Vielleicht gibt es nicht viele Kreuzwege, die so gemacht sind. Ich habe versucht, mich in Jesus und seine Gedanken auf dem Kreuzweg hineinzuversetzen – ich gebe ihm also direkt das Wort. Das ist eine Betrachtung – da ist nichts Deskriptives. Alles ist Einfühlung.“

(rv 28.03.2015 sk)








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