2015-03-12 15:04:00

Zwei Jahre Franziskus: Vatikanpressesprecher zieht Resümee


Wenn jemand hautnah an dem Geschehen im Vatikan dabei ist und sich tagein tagaus mit Papst Franziskus auseinandersetzt, dann ist es wohl Vatikansprecher Pater Federico Lombardi. Er ist bei jeder Reise an der Seite des Papstes, kümmert sich um die beim Heiligen Stuhl akkreditierten Journalisten und hat für jede vatikanische Angelegenheit eine Antwort parat. Nach zwei Jahren mit dem ersten Papst, der auch Jesuit ist – wie Lombardi selber - versucht Lombardi sich an die vielen Bilder dieser Zeit zurückzuerinnern:

„In einem unendlichen Fluss von Bildern scheint es schwierig eines auszuwählen. Ich möchte jedoch an drei besondere erinnern. Das erste ist die Umarmung zu dritt, vor der Klagemauer in Jerusalem gemeinsam mit dem Rabbi und dem muslimischen Oberhaupt. Ein durch und durch symbolträchtiger Moment des Dialogs und des Friedens während der Reise von Papst Franziskus im Heiligen Land in einem durchaus kritischen Punkt des Weltfriedens.

Ökumene und interreligiöser Dialog

Ein zweites und für viele beeindruckendes Bild war am Ende der großen Zeremonie in der orthodoxen Kathedrale in Istanbul, in Konstantinopel, als sich Papst Franziskus vor dem Patriarchen hinkniete und in gewisser Weise um eine Segnung bat. Also der Moment der Brüderlichkeit, der Ökumene, der große Wunsch nach christlicher Einheit. Und das dritte Bild ist kein einzelnes Bild, sondern eine Folge von Bildern, als Papst Franziskus auf den Philippinen war. In dieser Menschenmasse, voller Liebe. Sie wünschten sich so sehr den Papst zu sehen, ihn zu umarmen, und dieser Enthusiasmus wurde über die Kinder transportiert. Also diese Freude, die Hoffnung gegenüber Papst Franziskus, eines Volkes, das auf die eigene Zukunft mit Hoffnung blickt und ihm die Kinder präsentiert, die neue Generation Asiens und der Menschlichkeit.“

Anfänglich wirkte es für Lombardi so, als ob der Papst ein wenig „ängstlich“ und „misstrauisch“ gegenüber Reisen wäre. Doch dann zeigte sich schließlich ziemlich schnell, wie viel Bedeutung er in seinem Amt der pastoralen Dimension beimaß. Wie wichtig es für ihn war und ist, die Erwartung der Menschen zu erfüllen und an die Grenzen zu gehen. Lombardi erwähnte im Gespräch mit Radio Vatikan die Asienreise als ein Charakteristikum des zweiten Pontifikats-Jahres. Die Reisen nach Korea und Sri Lanka-Philippinen betrachtet er als eine Öffnung der asiatischen Front, nicht nur weil mit Franziskus nach langer Zeit wieder ein Papst auf dem asiatischen Kontinent (mit Ausnahme des Heiligen Landes) war, sondern auch weil das Christentum dort eine Minderheit darstellt. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil stehen bereits der interreligiöse und der ökumenische Dialog im Mittelpunkt der Kirche. Diesen Weg hat laut Pater Federico Lombardi Papst Franziskus auf eine besondere Art und Weise weitergeführt:

„Für die Ökumene haben wir vor allem die Beziehung mit dem Patriarchen von Konstantinopel, also eine sehr intensive Auseinandersetzung mit den Orthodoxen, aber interessant und originell ist auch die Art und Weise, die Papst Franziskus gewählt hat, um mit anderen christlichen Gemeinden umzugehen, die nicht zu den klassischen, traditionellen Kirchen gehören – wie das Treffen mit den Pfingstkirche. Das ist einer der wichtigsten Punkte aus ökumenischer Sicht, denn es ist die dynamischste Dimension des Christentums in unserer Welt. Papst Franziskus hat mit seiner originellen und persönlichen Art der Begegnung neue Horizonte und bedeutende Wege eröffnet. Aus interreligiöser Sicht wissen wir, dass der Papst eine Tradition von Begegnungen pflegt wie persönliche Freundschaften mit jüdischen aber auch muslimischen Oberhäuptern. Und in Zeiten wie heute, wo Spannungen zwischen Völkern mit religiösen Problematiken verbunden sind, ist diese Orientierung an einem friedlichen Dialog, die Ermutigung des Verständnisses zwischen Religionen, extrem wertvoll.“

Diplomatische Erfolge

Auf internationaler Ebene hat Papst Franziskus für die Kirche auch eine Vermittlerrolle übernommen. Die Liste der Friedensappelle sei unendlich lang, erklärt Lombardi. In den dramatischsten Situationen richtete sich der Papst an diejenigen, die seine Unterstützung brauchten: sei es der nahe Osten, die Ukraine oder Europa. Ein besonderes Beispiel solcher Initiativen war für Lombardi der Gebetsmoment und das Friedensgebet in den Vatikanischen Gärten vergangenen Juni, kurz nach seiner Heilig-Land-Reise, mit den Präsidenten Israels und Palästinas, Peres und Abbas. Viel internationale Aufmerksamkeit regnete es auch für die durchaus wichtige Rolle von Papst Franziskus bei der Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Kuba und Amerika:

„Es ist schön, wenn die katholische Kirche diese wichtige Rolle für den Frieden auf der internationaler Ebene weiterhin halten kann. Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin hat den Frieden zwischen den Völkern erst unlängst in einer Ansprache an der gregorianischer Universität als großes Abbild der diplomatischen Arbeit des Heiligen Stuhles beschrieben.“

Aber Papst Franziskus leistet meiner Meinung nach auch einen persönlichen Beitrag. Dieser beruht auf seinem Charisma bei den persönlichen Begegnungen mit den Staats- und Regierungschefs, wenn er versucht mit ihnen vertrauensvolle Beziehungen aufzubauen. Persönliche Beziehungen, die über das Besprechen der objektiven Probleme und dessen Komplexität hinausgehen. Er hilft diesen weiteren Schritt zu machen und er bringt seine Person ins Spiel. Mit seinem Mut, seiner Hoffnung….Das sind dann die entscheidenden Schritte, an welche sich das System der diplomatischen Beziehungen, der Verhandlungen etc. orientiert und auf welches eine längerfristige Lösung der Probleme folgt.

Also, ich denke, dass Franziskus diese Gabe hat. Er hat die Gabe, Impulse mit seiner Persönlichkeit zu geben und er hat eine Begabung Beziehungen mit Staatsoberhäupter und auch mit religiösen Oberhaupte zu führen. Sie sehen in ihm die Kraft der Persönlichkeit, die zu weiteren konkreten Schritten im Leben führt. Von dessen bin ich sehr überzeugt. Diese zwei Sachen schließen sich nicht gegenseitig aus: das Charisma der Persönlichkeit des Papstes und der diplomatische Dienst, auch der seiner Mitarbeiter beim Heiligen Stuhl, im weitesten Sinne. Hoffen wir, dass das auch helfen kann, in vielen Teilen der Welt Frieden zu bringen, denn das brauchen wir sehr dringend.“

Reformen auf der ganzen Linie

Die Kurienreform galt als ein weiterer prägnanter Punkt des „neuen Papstes“. Bereits am Anfang seines Pontifikates hat er diese Reform zu seinem Schlagwort gemacht und sich damit den großen internen Problemen der Kirche gewidmet. Lombardi betont, dem Papst gehe es nicht um Schnelligkeit. Viel eher um Sorgfalt und einen passenden „Rhythmus der Reflexion“, basierend auf der Idee von Beratungen. Hier spielt auch der sogenannte K-9 Rat eine tragende Rolle, den Papst Franziskus während seines Pontifikats einführte.

Die Weihnachtsansprache des Papstes über die 15 Krankheiten der Kurie erwähnt Lombardi als tragendes Beispiel dafür, dass er die Reform als eine „persönliche Umwandlung“ von jedem Einzelnen sehe. Die von Medien vielzitierte Ansprache hätte genauso gut auf jedes andere Unternehmen umgesetzt werden können.

„Was dem Papst wichtig ist, ist dass die Reform keinen logistischen, organisatorischen Charakter hat, sondern dass sie vor allem eine Erneuerung des Verhaltens mit sich bringt. Das ist auch das, was das Evangelium jeden von uns fragt.“

Familiensynode – Der Weg ist lang

Die Familiensynode hat in gewisser Weise das zweite Jahr von Papst Franziskus monopolisiert. Das Thema Ehe- und Familienpastoral hatte sich der Papst als erste große Reformbaustelle im Innerkirchlichen ausgesucht. Dazu verschickte er einen Fragebogen an die Bischofskonferenzen in aller Welt, der vielerorts auch von interessierten Laien ausgefüllt wurde. Für Lombardi ist der Weg noch lang, aber die Richtung die Richtige:

„Natürlich, die Familie ist sehr mit dem konkreten Leben der meisten Menschen dieser Welt verbunden, und daher ist die Reflexion über dieses Thema anhand des Evangeliums, wie man diese Dimension erlebt, die fundamentalen Problemen der persönlichen und sozialen Themas, ist ein großer Beitrag auch für die Menschheit und eine Art den Dienst der Kirche weiterzuentwickeln für die Menschheit heute.“

Die Peripherie, die Ausgegrenzten, die Armen

Das Wort Peripherie ist eines dieser Wörter, das man mit Papst Franziskus verbindet. Er hat die Armen, die Menschenwürde und die Verteidigung der Schutzlosen von Anfang an in den Mittelpunkt gestellt. Auch in seinem zweiten Jahr habe er das öffentliche Interesse auf die Menschen „an den Rändern unserer Gesellschaft“ gelenkt und die Mission der „Rettung der Menschenwürde“ ganz oben auf die Agenda geschrieben. Seien es die Probleme der Migranten, der neuen Sklaven, der Flüchtlinge, die Alten oder die Kranken. Wichtig erscheint Lombardi, dass Franziskus auch die Arbeit von Benedikt XVI. weitergeführt hat mit dem Fokus auf die Opfer von Kindesmissbrauch durch Kleriker.

„Die minderjährigen Opfer des sexuellen Missbrauchs sind Personen, deren Menschenwürde verletzt ist und um die wir uns kümmern müssen. Das wurde auch mit der Gründung der neuen Kinderschutzkommission für Minderjährige klar - in einer Perspektive, die nicht bloß auf Fehler zurückblickt, sondern auch für die Zukunft vorbauen und Missbrauch mit allen Mitteln verhindern will.“

Medien mögen den Papst

Die Medien mögen den Papst, sagt Lombardi. Täglich bekomme er drei bis vier Anfragen der großen Zeitungen aus allen Teilen der Welt. Das reflektiere einerseits ein Interesse der Menschen und sei andererseits ein Indikator dafür, dass der Papst als moralisches und religiöses Oberhaupt gefragt sei. Und die Meldungen seien mehrheitlich auch positiv:

„Ich hoffe, dass dies anhält und andauert. Manchmal, vielleicht, gibt es Teile am Rande dieser medialen Welt. Sie sind geprägt von der Freiheit und der Originalität, mit welcher der Papst manche Situationen meistert. Und diese Medien bleiben dann ein wenig orientierungslos, ein wenig verwirrt und betonen eben genau diesen Aspekt. Aber das liegt vielleicht daran, dass sie nicht diesen positiven Ausblick haben, von einem Blickpunkt des Glaubens aus gesehen. Oder es fehlt der Blick auf die Zukunft, der wichtig ist für das Verstehen und die Begleitung eines Pontifikates wie jenes von Franziskus.“

(rv 12.03.2015 no)








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