2015-03-06 08:57:00

Erneuerung der Kirche - Gespräch mit Hans Joas


Eine Erneuerung der Kirche ist nicht nur ein Projekt für Theologen und Kirchenvertreter, auch Soziologen und Philosophen beteiligen sich daran. Um einen Austausch zwischen den verschiedenen Wissenschaften zu schaffen, hat die Päpstliche Universität Gregoriana einen zweitägigen Kongress veranstaltet, der an diesem Donnerstag zu Ende ging. Die Besetzung war hochkarätig, neben dem kanadischen Philosophen und Star der Veranstaltung Charles Taylor waren Hans Joas, Tomás Halik, José Casanova und viele weitere namhafte Denker nach Rom gekommen. 50 Jahre nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wollte sich die Tagung auf den Weg machen, wie der Untertitel sagt: hin zu einer hörenden, unterscheidenden, willkommen heißenden und dienenden Kirche, alles unter dem Titel „Erneuerung der Kirche in einer säkularen Zeit“.

Der beim Kongress immer wieder zitierte Papst Franziskus benutzt in Evangelii Gaudium nicht das Wort Erneuerung, sondern Bekehrung. Damit kann auch der Soziologe Hans Joas etwas anfangen, wie er im Interview mit Radio Vatikan sagt. „Für mich ist der wichtigste Punkt, dass wir, wenn wir das Gefühl haben, dass die Kirche sich in einer Krise befindet, an den Punkt zurück gehen, an dem die Kirche entstanden ist. Das gefällt mir an dem Begriff Bekehrung sogar besser als an dem Begriff Erneuerung: Erneuerung klingt nur nach der Zukunft und nach vorne, während Konversion auch etwas damit zu tun hat, dass man sich auf die Quellen zurückbesinnt und sich die Erneuerung aus der Rückbesinnung aus den Quellen verspricht.“

Auch Sozialwissenschaften hätten Entscheidendes zum Projekt „Erneuerung der Kirche“ beizutragen, selbst wenn der Dialog zwischen Sozialwissenschaften und Theologie nicht immer einfach sei, der gegenseitige Verdacht sei stark. Anknüpfungspunkt für die Sozialwissenschaften ist das Erkennen der Zeichen der Zeit, auch das ein häufig wiederholtes Bekenntnis während des Kongresses. Dabei müssten die Wissenschaften aber vorsichtig vorgehen, so Joas. Bei Zeitdiagnosen gehe oft die historische Dimension verloren, es werde „ziemlich kurzatmig auf Grund von gegenwärtigen Ereignissen erklärt, es habe jetzt kürzlich eine neue Epoche begonnen.“ Das hätten die soziologische, kirchliche und theologische Art und Weise, die Zeichen der Zeit zu lesen, gemeinsam, so Joas. Die Herausforderung bestehe darin, Trends zu identifizieren, auf die hin sich eine Institution neu ausrichten soll.

Dadurch, dass sich die Kirche „einig", „heilig", „katholisch" und „apostolisch" nenne, habe sie vier Elemente für die Erneuerung schon in sich. Lange vor der Idee jeder Globalisierung etwa habe die Kirche die Idee von der Einheit der gesamten Menschheit entwickelt. „Heilig" heiße dagegen nicht, dass die Institution und ihre Mitglieder ausgeschlossen wären von Sünde und Fehler. Dieses Attribut dürfe nicht zur Selbstsakralisierung führen, eine Gefahr für alle Institutionen, aber vor allem für eine, die sich selber dieses Attribut gibt. Deswegen sei dieses Attribut auch eine Warnung, meint Joas. Dass die Kirche „katholischer“ werden müsse, war Tenor vieler Beiträge, nicht nur bei Hans Joas tauchte der Gedanke auf. „Katholisch“ weist auf die Einheit in Verschiedenheit hin. „Apostolisch“ sei das Gegenbild zu einem Selbstbezug der Kirche, führte Joas in seinem Vortrag aus. Eine verkündigende und nicht triumphalistische, universalistische Kirche sei die Kirche für die Zukunft.

Er habe diese Attribute gewählt, weil er etwas zeigen wollte, so Joas gegenüber Radio Vatikan. Er spreche nicht nur als Soziologe, „der vielleicht etwas von der Gegenwart und vielleicht sogar von der Zukunft verstehend (spricht), sondern ich spreche gleichzeitig als Christ, der die Reflexion auf die grundsätzlichen Bekenntnisse des christlichen Glaubens in einer jeweils veränderten Gegenwart ernst nimmt.“

 

Pater Bernd Hagenkord im Interview mit Hans Joas:  

 

(rv 06.03.2015 ord)








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