2015-02-07 11:46:00

Papst: Die Kirche ist weiblich


„Frauen sollen sich nicht als Gäste, sondern als vollberechtigte Teilhaber am sozialen und kirchlichen Leben fühlen.“ Das sagte Papst Franziskus an diesem Samstag zur Vollversammlung des Päpstlichen Kulturrates im Vatikan.

„Die Kirche ist weiblich: Sie ist die Kirche, nicht der Kirche! Das ist eine Herausforderung, die keinen Aufschub mehr duldet. Das sage ich den Leitern der christlichen Gemeinschaften, ... aber auch den Laien, die sich auf unterschiedliche Weise engagieren im Bereich der Kultur, der Erziehung, der Wirtschaft, der Politik, der Arbeit, der Familie und der religiösen Einrichtungen.“

Das Thema Frauen liege ihm sehr am Herzen, so der Papst. Der vatikanische Kulturrat hat sich in diesen Tagen auf seiner Vollversammlung unter Leitung von Kardinal Gianfranco Ravasi mit den ‚Lebenswelten von Frauen’ beschäftigt; Ravasi richtet ein Komitee von Beraterinnen an seinem Rat ein. Franziskus ging am Samstag auf eine Formulierung Ravasis ein, es gelte ein „Gleichgewicht“ „zwischen Gleichheit und Verschiedenheit“ zu finden.

„Diesen Aspekt sollte man nicht ideologisch angehen, denn die Linse der Ideologie verhindert, dass man die Realität richtig wahrnimmt. Die Gleichheit und die Verschiedenheit der Frauen – wie übrigens auch der Männer – nimmt man besser in der Perspektive des Miteinanders, der Beziehung war und nicht in der des Gegensatzes. Seit einiger Zeit haben wir – zumindest in den westlichen Gesellschaften – das Modell der sozialen Unterordnung der Frau dem Mann gegenüber hinter uns gelassen, ein jahrhundertealtes Modell, dessen negative Wirkungen immer noch spürbar sind. Wir haben auch ein zweites Modell überwunden: das der reinen und einfachen, mechanisch angewandten Gleichstellung und der absoluten Gleichheit. So konnte ein neues Paradigma gebildet werden, das der Gegenseitigkeit in der Gleichwertigkeit und in der Unterschiedlichkeit.“

„Für eine stärkere und deutlichere weibliche Präsenz in der Kirche“

Man sollte also bei der Mann-Frau-Beziehung anerkennen, so der Papst, „dass beide notwendig sind, weil beide zwar eine identische Natur haben, aber mit je eigenen Modalitäten“. Mann und Frau seien aufeinander verwiesen und könnten nicht ohne den jeweils anderen auskommen, weil nur so „die Fülle des Menschen“ erreicht werde. Durch ihre biologische Disposition seien Frauen außerdem besonders mit dem Bereich der „Weitergabe und des Schutzes von Leben“ verbunden, das gehe auch „über die biologische Sphäre hinaus“. Franziskus sprach die Frauen, die in Familie, Schulen, Ausbildung und Sozial- oder Wirtschaftsstrukturen arbeiten, direkt an:

„Sie wissen das zärtliche Antlitz Gottes zu inkarnieren, seine Barmherzigkeit, die sich mehr in Verfügbarkeit ausdrückt und darin, dass man anderen von seiner Zeit schenkt, als darin, Räume zu besetzen. Mehr im Aufnehmen als im Ausschließen. In diesem Sinn spreche ich von der weiblichen Dimension der Kirche gern als von einem fruchtbaren Schoß, der das Leben erneuert.“

Eine dritte Thematik, die Papst Franziskus am Samstag ansprach, war ‚der weibliche Körper zwischen Kultur und Biologie’. Der weibliche Körper, „ein Symbol des Lebens“, werde „leider nicht selten angegriffen und entstellt“.

„Die vielen Formen der Sklaverei, des zur-Ware-Machens, der Verstümmelung des weiblichen Körpers rufen uns zum Einsatz, um diese Form der Degradierung zu bekämpfen, die den Körper auf ein pures Objekt reduziert, das man auf den Märkten verkauft. Ich will in diesem Zusammenhang auf die schmerzliche Lage so vieler Frauen in Armut aufmerksam machen: Sie erleben Gefahr, Ausbeutung, sind an den Rand der Gesellschaft verdrängt und werden zu Opfern einer Wegwerf-Kultur.“

Nach diesen Erwägungen kam Franziskus dann auch auf einen, nun ja, besonders heiklen Themenkreis zu sprechen, nämlich den Platz und die Rolle von Frauen in der Kirche.

„Das geht die Gläubigen auf ganz besondere Weise an. Ich bin davon überzeugt, dass es dringend geboten ist, den Frauen im Leben der Kirche Räumne zu bieten und sie aufzunehmen, wobei man natürlich die, spezifischen und gewandelten, kulturellen und sozialen Sensibilitäten berücksichtigen muss. Darum ist eine stärkere und deutlichere weibliche Präsenz in den Gemeinschaften wünschenswert, damit wir viele Frauen einbezogen sehen in seelsorgliche Verantwortung, in die Begleitung von Menschen, Familien und Gruppen und auch in die theologische Reflexion.“

Familie und Berufsleben: „Die Frauen nicht alleine lassen mit dieser Last“

Natürlich sprach Papst Franziskus, den synodalen Prozess zum Thema Ehe- und Familienpastoral fest im Blick, auch die nach seinen Worten „unersetzliche Rolle der Frau in der Familie“ an. Ohne diese Realität „wäre die menschliche Berufung nicht realisierbar“, formulierte er.

„Außerdem geht es darum, die wirksame Präsenz der Frauen im öffentlichen Leben, in der Arbeitswelt und da, wo die Entscheidungen getroffen werden, zu ermutigen und voranzubringen – und gleichzeitig ihre Präsenz und besondere Rolle in und für die Familie beizubehalten. Man darf die Frauen mit dieser Last nicht alleine lassen... Alle Institutionen, auch die der Kirche, sind dazu aufgerufen, die Wahlfreiheit von Frauen zu garantieren, damit sie die Möglichkeit haben, soziale und kirchliche Verantwortung zu übernehmen, ohne das Familienleben zu vernachlässigen.“

(rv 07.02.2015 sk)








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