2015-01-27 09:57:00

Auschwitz: „Wenn Sie wüßten, wo ich gerade stehe…“


Vor siebzig Jahren befreite die Rote Armee Auschwitz – ein trauriger Jahrestag. Auch Papst Franziskus lässt dieser Jahrestag nicht kalt. Über seine mehrsprachigen Twitter-Accounts ruft er den Tag für seine Follower schmerzhaft in Erinnerung: „Auschwitz schreit den Schmerz unermesslichen Leids hinaus und ruft nach einer Zukunft in Respekt, Frieden und der Begegnung der Völker.“ Zwei Päpste, Johannes Paul II. und Benedikt XVI., haben das Gelände des früheren Vernichtungslagers besucht; Karmelitinnen beten heute in der Nähe der Stelle, wo einst die Schlote der Krematorien rauchten und über Auschwitz den Geruch verbrannten Menschenfleisches verbreiteten. Wolfgang Gerstner ist Geschäftsführer des katholischen Maximilian-Kolbe-Werkes. Er ist oft dabei, wenn Schulklassen aus Deutschland von Überlebenden über das KZ-Gelände geführt werden.

„Wenn man hier in Auschwitz ist, dann bleibt die einzig mögliche Reaktion zuerst eigentlich immer nur Schweigen. Es ist unfassbar, was hier geschehen ist. Sie können auch mehrmals hierher kommen -  sie werden nie verstehen, was Deutsche hier Menschen angetan haben. Die jungen Leute sind sehr beeindruckt, sie sind sehr betroffen, sie schweigen zuerst, aber dann reden sie auch miteinander, denn es geht ja gerade um die Frage, was können und was müssen wir aus der Geschichte lernen.“

In solchen Momenten kommt dann, wie Gerstner dem Kölner Domradio erzählt, alles Mögliche zur Sprache. Die Pegida-Demonstrationen von Dresden, zum Beispiel.

„Ja, das ist ein Thema. Wenn man die Frage stellt, was lernen wir aus der Geschichte, dann muss es ja auch immer darum gehen, das Heute zu verstehen und sich selbst zu positionieren. Natürlich bringen die jungen Leute all die Fragen mit, die sich in Deutschland und den anderen Ländern aktuell stellen. Sie müssen selbst entscheiden, wo sie sich positionieren. Wehret den Anfängen, sagt man. Man muss aufmerksam sein, damit man auch entsprechend handeln und Positionen vertreten kann.“

Eine große Mehrheit der Deutschen möchte laut einer aktuellen Bertelsmann-Umfrage den Holocaust „hinter sich lassen und sich gegenwärtigen Problemen widmen“ - 81 Prozent der Befragten haben das gesagt, 58 Prozent wollen gar „definitiv einen Schlussstrich“ unter die Vergangenheit ziehen – unter diese Vergangenheit. Was geht in Ihnen vor, wenn Sie so etwas hören, Herr Gerstner?

„Wenn Sie jetzt sehen würden, wo ich stehe: Ich stehe nämlich im Stammlager Auschwitz, direkt neben dem Block 11. Das war der Strafblock. Ich komme gerade aus dem Keller, in dem Maximilian Kolbe eingesperrt war und dort nach zwei Wochen im Hungerbunker umgebracht wurde. Wer hier in Auschwitz steht, der weiß, dass man keinen Schlussstrich ziehen kann. Wir müssen uns mit der Geschichte befassen, denn nur wenn wir sie kennen, können wir heute handeln. Wir haben genug Gewalt und Kriege, auch in der heutigen Zeit. Wenn wir uns für Frieden einsetzen wollen, dann hilft es, die Geschichte zu kennen. Nur dann können wir uns engagieren. Wer hier einmal in Auschwitz war, der weiß: Es kann keinen Schlussstrich geben.“

Das ist auch die Botschaft, die vom Gedenken an die Befreiung von Auschwitz vor siebzig Jahren an diesem Dienstag ausgehen soll.

„Ja, ich glaube, dass auch noch einmal eine ganz

Vor siebzig Jahren befreite die Rote Armee Auschwitz – ein trauriger Jahrestag. Zwei Päpste, Johannes Paul II. und Benedikt XVI., haben das Gelände des früheren Vernichtungslagers besucht; Karmelitinnen beten heute in der Nähe der Stelle, wo einst die Schlote der Krematorien rauchten und über Auschwitz den Geruch verbrannten Menschenfleisches verbreiteten.

Wolfgang Gerstner ist Geschäftsführer des katholischen Maximilian-Kolbe-Werkes. Er ist oft dabei, wenn Schulklassen aus Deutschland von Überlebenden über das KZ-Gelände geführt werden.

„Wenn man hier in Auschwitz ist, dann bleibt die einzig mögliche Reaktion zuerst eigentlich immer nur Schweigen. Es ist unfassbar, was hier geschehen ist. Sie können auch mehrmals hierher kommen -  sie werden nie verstehen, was Deutsche hier Menschen angetan haben. Die jungen Leute sind sehr beeindruckt, sie sind sehr betroffen, sie schweigen zuerst, aber dann reden sie auch miteinander, denn es geht ja gerade um die Frage, was können und was müssen wir aus der Geschichte lernen.“

In solchen Momenten kommt dann, wie Gerstner dem Kölner Domradio erzählt, alles Mögliche zur Sprache. Die Pegida-Demonstrationen von Dresden, zum Beispiel.

„Ja, das ist ein Thema. Wenn man die Frage stellt, was lernen wir aus der Geschichte, dann muss es ja auch immer darum gehen, das Heute zu verstehen und sich selbst zu positionieren. Natürlich bringen die jungen Leute all die Fragen mit, die sich in Deutschland und den anderen Ländern aktuell stellen. Sie müssen selbst entscheiden, wo sie sich positionieren. Wehret den Anfängen, sagt man. Man muss aufmerksam sein, damit man auch entsprechend handeln und Positionen vertreten kann.“

Eine große Mehrheit der Deutschen möchte laut einer aktuellen Bertelsmann-Umfrage den Holocaust „hinter sich lassen und sich gegenwärtigen Problemen widmen“ - 81 Prozent der Befragten haben das gesagt, 58 Prozent wollen gar „definitiv einen Schlussstrich“ unter die Vergangenheit ziehen – unter diese Vergangenheit. Was geht in Ihnen vor, wenn Sie so etwas hören, Herr Gerstner?

„Wenn Sie jetzt sehen würden, wo ich stehe: Ich stehe nämlich im Stammlager Auschwitz, direkt neben dem Block 11. Das war der Strafblock. Ich komme gerade aus dem Keller, in dem Maximilian Kolbe eingesperrt war und dort nach zwei Wochen im Hungerbunker umgebracht wurde. Wer hier in Auschwitz steht, der weiß, dass man keinen Schlussstrich ziehen kann. Wir müssen uns mit der Geschichte befassen, denn nur wenn wir sie kennen, können wir heute handeln. Wir haben genug Gewalt und Kriege, auch in der heutigen Zeit. Wenn wir uns für Frieden einsetzen wollen, dann hilft es, die Geschichte zu kennen. Nur dann können wir uns engagieren. Wer hier einmal in Auschwitz war, der weiß: Es kann keinen Schlussstrich geben.“

Das ist auch die Botschaft, die vom Gedenken an die Befreiung von Auschwitz vor siebzig Jahren an diesem Dienstag ausgehen soll.

„Ja, ich glaube, dass auch noch einmal eine ganz starke Botschaft sein wird: Die Erinnerung wird mit den letzten Zeitzeugen nicht aussterben. Das darf sie auch nicht. Es sind gerade die alten Menschen, die den jungen jetzt sagen: ‚Wir leben nur noch einen Monat, ein Jahr. Niemand weiß das. Unser Leben geht zu Ende. Ihr habt das Leben vor Euch. Ihr seid diejenigen, die unsere Botschaft weitertragen müssen. Das ist unser Vermächtnis und deshalb sind wir eine Woche in Auschwitz‘.“

(dr/rv 27.01.2015 sk) 








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