2015-01-15 16:05:00

Papstreisen auf die Philippinen: Historische O-Töne


Franziskus ist der dritte Papst in der Kirchengeschichte, der die Philippinen besucht. Als erster reiste Papst Paul VI. vor 45 Jahren in das Land.

 

27. November 1970: Paul VI. trifft in Manila ein, für einen dreitägigen Besuch. Er kommt aus dem Iran und Westpakistan, dem heutigen Bangladesh. Am Flughafen kommt es zu einem Zwischenfall: Ein offenbar geistesgestörter Maler aus Bolivien, als Priester verkleidet, sticht auf den Papst ein. Der Reporter Alex Alan steht in der Nähe, er erzählt dem Sender ABC News: „Es ging alles sehr schnell; ein Priester war offenbar der Attentäter. Ich griff nach ihm und hielt ihn fest, andere halfen mir dabei. Der Papst blieb sehr gefasst.“ Das vorgesehene Programm wird ungerührt fortgesetzt, dabei ist Paul verletzt; sein blutbeflecktes Hemd wird Jahrzehnte später, im Oktober 2014, bei seiner Seligsprechung in Rom gezeigt, als Reliquie.

 

„Die Menschen waren so demoralisiert damals, dass die Ankunft des Papstes eine starke Emotion im Land auslöste“, erzählt der Journalist Alan heute. „Paul wurde als eine Art Retter gesehen, Retter vor der Armut und den Taifunen.“ In den Monaten vor dem Kommen des Papstes haben die Philippinen unruhige Zeiten erlebt: Der Stern von Präsident Ferdinand Marcos beginnt zu sinken, in Manila kommt es zu Studentenunruhen und Bombenanschlägen. In Quezon Circle, an der Peripherie der Hauptstadt, feiert Paul am 29. November 1970 eine heilige Messe mit zwei Millionen Menschen, darunter viele junge Bauern und Fischer. „Jesus ist der Offenbarer des unsichtbaren Gottes“, predigt der Papst, „er ist der Erstgeborene der Schöpfung, der Lehrer der Menschheit... Er ist das Brot und die Quelle lebendigen Wassers für unseren Durst... Er war klein wie wir, arm, gedemütigt, ein Arbeiter, ein Rechtloser. Für uns hat er ein neues Reich begründet, wo die Armen selig sind, wo der Friede das Zusammenleben regelt, wo alle gesättigt werden, die nach Gerechtigkeit hungern, wo alle Brüder sind!“

 

„Die Menschen waren enthusiastisch; sie empfingen Paul VI. wie eine Gnade vom Himmel“, erinnert sich der heutige Kardinal von Manila, Luis Antonio Tagle, damals dreizehn Jahre alt. „Der Papst ließ es sich auch nicht nehmen, zu den Armen zu gehen. Er besuchte arme Familien im Distrikt Tondo von Manila, das war das schlimmste Elendsviertel der Gegend. Und die Menschen dort denken noch heute an diesen Besuch. Als ich dort vor kurzem eine Messe feierte, zeigten sie mir die Stelle, wo ein Haus gestanden hatte, in das der Papst gegangen war.“ Tondo: Das Viertel wird ein paar Jahre später mit seinem Smokey Mountain, einem hohen Müllberg direkt am Hafen, zu einem peinlichen Wahrzeichen der Hauptstadt werden.

 

„Aus Anlass des Besuchs von Paul VI. kamen Bischöfe aus ganz Asien nach Manila. Und dort gründeten sie, mit seiner Ermutigung, den Verband asiatischer Bischofskonferenzen. Das war der Anfang. Der Papst weihte auch Radio Veritas Asien ein, so dass von da an über das Radio evangelisiert werden konnte. Das sind alles Dinge, die bleiben.“

 

Mit einer feierlichen Botschaft wendet sich Paul VI. am letzten Reisetag, dem 29.11.1970, über Radio Veritas an alle Völker Asiens. Er spricht von einer „Kreuzung antiker und moderner Kulturen“ und urteilt, Asien habe „erhebliche Bedeutung für die Zukunft der ganzen Welt“. „Mit der spirituellen Vision, die zu eurer Tradition gehört, mit eurem Sinn für Disziplin, Moral und Familie solltet ihr die Kraft haben, euch dem Materialismus entgegenzustemmen und in dieser Hinsicht auch der westlichen Zivilisation zu helfen...“

 

1981: Wieder kommt ein Papst auf die Philippinen, diesmal ist es Johannes Paul II. Immer noch regiert Ferdinand Marcos, längst zum Diktator mutiert; immerhin hat er noch vor dem Eintreffen des Papstes das Kriegsrecht wieder aufgehoben, das fast zehn Jahre in Kraft gewesen war. Am Flughafen raspelt Marcos Süßholz, während seine prunksüchtige Frau Imelda in der ersten Reihe sitzt. „Heiliger Vater, wir setzen in Sie die Hoffnung, dass Sie diesen Staat und unsere Kirche zurückführen werden zu Jesus Christus!“

 

Der Papst nimmt sich Zeit, reist auch ins Landesinnere, geht in Slums und Flüchtlingslager, spricht wie schon sein Vorgänger über Radio Veritas. „An euch, ihr Völker Asiens wende ich mich, an euch, Hunderte Millionen Männer und Frauen...“ Vor allem aber ist er gekommen, um Lorenzo Ruiz seligzusprechen, einen Laienmissionar aus dem 17. Jahrhundert. Es ist die erste Zeremonie dieser Art außerhalb von Rom oder Avignon, die erste überhaupt in Asien: Die Philippinen bekommen ihren ersten einheimischen Seligen. Aber die internationalen Medien beobachten auch interessiert, wie Johannes Paul Dissidenten im Land Stichworte liefert. „Ich will meine Brüder und Schwestern der katholischen Kirche in ihrem Glauben an unseren Herrn Jesus Christus stärken, der unsere Gerechtigkeit und unser Friede ist.“ Von der Papstreise geht eine Ermutigung für katholische Widerständler aus, die fünf Jahre später mit beiträgt zu der sogenannten Rosenkranz-Revolution. Marcos flieht ins Ausland, die Demokratie hält Einzug im Land.

 

Januar 1995: Der internationale Weltjugendtag kommt erstmals nach Asien, nach Manila – und mit ihm kommt auch Johannes Paul. Er ist schwächer als bei seinem letzten Besuch, im Jahr zuvor hat man bei ihm Parkinson diagnostiziert. Am 15. Januar nehmen deutlich über vier Millionen Menschen an der Abschlussmesse des Weltjugendtags im Rizal-Park teil; eine japanische Firma, die Luftaufnahmen macht, kommt sogar auf etwa sechs Millionen. Es ist der größte Gottesdienst, wahrscheinlich sogar die größte Menschenansammlung in der Geschichte. Kardinal Jaime Sin hat nachgeholfen, hat alle sonstigen Messfeiern in den Pfarreien der Stadt untersagt, so dass die Gläubigen zum Papst strömen. Für das Papamobil ist kein Durchkommen, Johannes Paul muss den Hubschrauber nehmen.

 

„Jesus Christ ist derselbe für einen jeden, und seine Botschaft ist immer dieselbe!“, ruft der Papst der Menge zu: „In ihm gibt es keine Spaltungen, keine ethnischen Rivalitäten, keine soziale Diskriminierung. Alle sind Brüder und Schwestern in der einen Familie Gottes!“ Johannes Paul versucht, von Manila aus ganz Südostasien zu erreichen: „Beten und handeln“, das rufe er heute vor allem den jungen Leuten auf den Philippinen und den jungen Leuten Chinas zu. Allerdings, das Regime von Peking hat jungen Leuten nicht die Anreise zu dem Großereignis von Manila erlaubt, zwischen der Volksrepublik und dem Vatikan herrscht Eiszeit. „Söhne und Töchter dieser Weltregion, die das Zuhause eines Großteils der Menschheitsfamilie ist – zu jedem von euch sagt Christus: ‚Ich sende dich aus!’“ Der Enthusiasmus ist ungeheuer, auch wenn die Worte des Papstes gar nicht von allen in dieser Riesenmenge gehört werden können.

 

Und jetzt, 2015: die Reise von Papst Franziskus auf die Philippinen. Die Geschichte geht weiter.

 

(rv 14.01.2014 sk)








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