2015-01-12 13:57:00

Botschafterin Schavan: „Vatikan ist Akteur einer Friedenspolitik“


Es sei eine Rede über die fatale Wirkung von verhärteten Herzen. So schätzt die Botschafterin der Bundesrepublik Deutschland die Worte des Papstes gegenüber Radio Vatikan ein. Annette Schavan war zum ersten Mal als Botschafterin beim Jahresempfang dabei. Der Papst habe die Folgen dieser verhärteten Herzen aufgezeigt, vor allem im religiösen Fundamentalismus, und darauf hingewiesen, wie fragil die Welt heute sei. Aber auch wenn das Thema der „verhärteten Herzen“ eher ein geistliches Thema sei, habe es seinen Platz in einer diplomatischen Ansprache, so Frau Schavan:

 

„Diplomatie und zumal die des Vatikan hat ganz große Schnittmengen mit der Politik des Alltags und speist sich aus geistlichen Quellen. Deshalb war das eine Neujahrsansprache die hoch politisch war, weil sie zurück gebunden an geistliche Quellen war.“

Viel von dem, was der Papst genannt hat, wird auch Deutschland diskutiert, etwa beim Thema Pegida oder im Zusammenhang mit den Attentaten von Paris. Haben Sie Dinge gehört, von denen Sie sagen würden dass sie auch Resonanz in Deutschland haben?

„Ganz bestimmt. Mein Eindruck ist, dass uns in diesem Jahr auch in Deutschland in der Politik und in der Kultur und der breiten Debatte der Gesellschaft dieses Thema stark beschäftigen, wie Dialog stattfinden kann, wie Aufklärung stattfinden kann, wie wir uns bewahren vor den zu einfachen Formeln. Und auch wie das Gespräch darüber stattfinden kann, dass wir in Deutschland und in Europa nicht immer nur diskutieren über das, was uns verunsichert, sondern wie viel Verunsicherung anderswo ist. Deshalb glaube ich, dass dieses Thema und was damit an Erwartungen von Seiten des Papstes formuliert worden ist, Widerhall finden wird, weil diese klaren Worte, die nicht jeder diplomatisch findet, der Diplomatie deutlich machen kann, dass sie immer politische Diplomatie ist und dass sie immer an Quellen rückgebunden sein muss, und über diese Quellen wird in Europa gerade viel diskutiert: Was sind die Werte und Grundhaltungen in Europa, die wir uns nicht zerschießen lassen?“

Päpstliche Diplomatie ist ja nicht nur Rede, im vergangenen Jahr sind wir zum Beispiel überrascht worden durch die Annäherung zwischen Kuba und den USA, bei der Papst eine Rolle gespielt hat. Würden Sie sagen, dass das seine Rolle in der Weltdiplomatie ist, Brücken zu bauen, wo es keine mehr gibt? Wie begreifen Sie diese franziskanische Form des Diplomatischen?

„Die franziskanische Form sehe ich als eine sehr politische, und das heißt als eine der Tat. Kuba ist ein tolles Beispiel und ich bin davon überzeugt, dass was an Konflikten diese Welt gerade auszuhalten hat, der Heilige Stuhl und Papst Franziskus selbst ein zentraler Orientierungspunkt sein wird und eine Autorität, die über nationale und kulturelle Grenzen hinweg eine große aufklärerische Kraft haben wird. Ich sage es mal so: Mir scheint immer stärker, dass Papst Franziskus eine katholische Welt repräsentiert, die in Zukunft vor allem aufklärerisch wirken wird. Gegen die Verhärtung der Herzen, gegen die Fundamentalismen und gegen die vielen irrationalen Kräfte, die die Kompliziertheit der Welt nicht aushalten wollen.“

Zwei Mal hat der Papst in seiner Rede die internationale Gemeinschaft konkret dazu aufgefordert, etwas zu tun. Das erste Mal in Bezug auf den Nahen Osten, da müsse die internationale Gemeinschaft im Rahmen des internationalen Rechts einschreiten, das zweite  Mal ging es um Nigeria, dort gäbe es eine „auszurottende Plage“ was dort mit Boko Haram und der allgegenwärtigen Gewalt geschähe. Wird die internationale Gemeinschaft auf solche Appelle eher hören als auf andere?

„Davon bin ich überzeugt. Der Papst wird ja in diesem Jahr im September fünfzig Jahre nach Paul VI. auch vor den Vereinten Nationen sprechen und ich glaube die internationale Gemeinschaft, die Politik und die Parlamente haben bereits in der kurzen Zeit dieses Pontifikates gespürt, dass dieser Papst es ernst meint, wenn er etwas sagt und eine Erwartung formuliert. Er wird nachhaken, er wirft nicht einfach Themen auf, um dann zur Tagesordnung überzugehen, sondern er wird darauf zurück kommen. Der Vatikan ist unmittelbar Akteur einer weltweiten Friedenspolitik.“

 

(rv 12.01.2015 ord)








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