2014-12-17 15:55:00

Islamischer Extremismus: Einordnungen


Die islamische Theologie muss sich stärker von Gewaltexzessen abgrenzen. Das betonten nach dem Anschlag von Peschawar auf eine Schule Religionswissenschaftler im Westen und Bischöfe in Ländern, die von jihadistischer Gewalt betroffen sind. Der Terrorismusexperte Guido Steinberg sagte am Mittwoch, der brutale Anschlag der Taliban auf eine Schule hänge mit dem Ringen der Jihadisten um weltweite Aufmerksamkeit zusammen. Die Taliban stünden aktuell in Konkurrenz zu Al-Kaida und vor allem zur IS-Terrormiliz.

 

Der Wiener Pastoraltheologe Paul M. Zulehner sagte „Kathpress“ gegenüber, es gebe Parallelen zum Europa der Reformationszeit. Die kriegerisch verlaufene Konfessionalisierung, bei der „im Namen Gottes gemordet“ worden sei, habe dem Christentum in Europa „den denkbar schlechtesten Dienst erwiesen“ und „Gott in Verruf gebracht haben“. Der Islam ist nach dem Eindruck des Wiener Pastoraltheologen dabei, denselben historischen Fehler zu begehen.

 

Die islamischen Staaten und Autoritäten schafften es nicht, sich gegen die gegenwärtig tagtäglich vermittelte Verknüpfung von Islam und Gewalt ausreichend zu wehren. Durch den brutalen Terror islamischer Extremisten verliere der Islam derzeit weltweit an Kredit - wie das Christentum in der nachreformatorischen Zeit.

 

Der syrisch-katholische Patriarch Ignatios Yousef III. Younan sagte laut Pro Oriente (Mittwoch) im Blick auf den jidhadistischen „Islamischen Staat“ (IS), es stehe „außer Zweifel, dass die IS-Verbrecher nicht aus dem Nichts heraus entstanden sind“. Es gebe „einen großangelegten politischen Plan, der mit zynischer Gleichgültigkeit die Schwächeren benutzt, um eigene geopolitische Ziele zu verwirklichen“.

 

Skeptisch äußerte sich der Patriarch zu den US-Luftangriffen auf die Terrormiliz. Jeder „ehrliche und halbwegs einsichtige“ Mensch wisse, dass diese Angriffe aus der Ferne nicht ausreichten. „Die Banditen des IS sind kein geregeltes Heer. Sie mischen sich unter die Bevölkerung. So wird es wirklich schwierig, sie zu treffen. Außerdem haben sie sich die interreligiösen und ethnischen Konflikte zu Nutzen gemacht. Deshalb können Luftangriffe ihnen zwar Schaden zufügen, sie aber weder vernichten noch ernstlich einschränken.“

 

Udo Steinberg von der deutschen „Stiftung Wissenschaft und Politik“ fürchtet eine weitere Eskalation des konkurrierenden Terrors zwischen IS und Taliban: „Bislang haben die pakistanischen Taliban in gewisser Weise immer noch in der zweiten Liga gespielt“, erläuterte er. Sie seien nur in Pakistan oder gelegentlich in Afghanistan aktiv gewesen. Jetzt wollten sie der gesamten Welt zeigen, dass sie „in der Lage sind, den pakistanischen Staat in seinen Grundfesten zu erschüttern“. Darüber hinaus hätten sie auch eine „internationale Agenda“, und daher sei ihnen die Aufmerksamkeit der westlichen Medien sehr wichtig.

 

Dazu komme, dass diejenigen islamistischen Organisationen besonders viel Anziehungskraft entwickelten, die „einerseits in der Lage sind, die USA und die westliche Welt zu gefährden, andererseits aber auch in den Heimatländern eine Kraft darstellen“.

 

Erstaunlich findet Steinberg, dass die pakistanische Armee seit 2007 nicht in der Lage sei, das Taliban-Problem zumindest einzudämmen. Das liege vor allem an der Politik der Pakistanis in den letzten Jahren: „Sie haben nämlich die afghanischen Taliban seit 2001 und auch vorher gefördert.“ Das habe zu einer Talibanisierung an der pakistanisch-afghanischen Grenze und zum Entstehen einer eigenen Taliban-Bewegung in Pakistan geführt. Sie habe sich verselbständigt und sei nun nicht mehr ein willfähriges Instrument der Armeeführung, sondern greife selber den pakistanischen Staat an. “Hier ernten die pakistanischen Militärs, was sie gesät haben.”

 

(kap 17.12.2014 pr)








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