2014-12-13 08:34:00

Unser Buchtipp: Das Heilige Römische Reich an der Piazza Navona


Eberhard Nikitsch: Das Heilige Römische Reich an der Piazza Navona - Santa Maria dell’Anima in Rom im Spiegel ihrer Inschriften aus Spätmittelalter und Früher Neuzeit. Eine Buchempfehlung von Fabienne Kinzelmann. 

 

Die deutsche Nationalkirche Santa Maria dell’Anima mit ihrem markanten Kirchturm ist eine der schönsten Renaissance-Kirchen Roms und geht auf eine private Stiftung der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts zurück. Neben dem Campo Santo Teutonico, einem deutschen Friedhof mit den zugehörigen Gebäuden, ist die Anima eine wichtige Anlaufstelle sowohl für die in Rom lebenden Deutschen als auch für Pilger. Nach ihrer Gründung als Kirche des Hospitals der Deutschen in Rom avancierte die Anima rasch zur begehrten Begräbnisstätte für bestimmte Teile der in Rom verstorbenen Bevölkerung aus dem damaligen Heiligen Römischen Reich deutscher Nation. Der Mittelalterforscher und Epigraphiker Eberhard Nikitsch hat die Inschriften der Anima erforscht.

 

„Inschriften gibt es auf Glasmalereien, Tafelmalereien, es gibt sie an Paramenten, an priesterlichen Gewändern, es gibt sie an Kelchen, an Monstranzen, Stiftungsinschriften mit Jahreszahlen und Wappen. Das muss man alles erforschen, und das ist schwierig, denn es ist lateinisch. Manchmal sogar ein sehr schwieriges Latein. Merkwürdigerweise sind das zwar Deutsche hier, aber die Inschriften sind alle Latein. Bis in die Gegenwart ist, glaube ich, nur eine einzige Inschrift auf Deutsch aus dem 19. Jahrhundert, der Rest ist lateinisch.“

 

Seine Ergebnisse hat Nikitsch in dem Buch „Das Heilige Römische Reich an der Piazza Navona - Santa Maria dell’Anima in Rom im Spiegel ihrer Inschriften aus Spätmittelalter und Früher Neuzeit“ veröffentlicht. Mehr als zwei Jahre arbeitete sich der Autor durch die Archive und Bibliotheken Roms, nahm alle Inschriften der Anima persönlich in Augenschein, schrieb sie ab, vermaß, fotografierte und interpretierte sie.

 

„Herausgekommen ist, dass im 15. Jahrhundert die Anima sehr stark dominiert wurde von Klerikern aus dem Norden Deutschlands, aus dem damaligen Flandern, also den heutigen Niederlanden, Luxemburg, Belgien, diese Ecke. Auf der anderen Seite Schleswig und Skandinavien. Das sind die eigentlichen Gründer. In der zweiten Hälfte des 15. Jhd. kamen die Süddeutschen dazu. Das hat sich bis ins 16. Jahrhundert so erhalten in der Zusammensetzung und dann kamen mit der Eigenstaatlichkeit der Holländer, der Belgier (…) kamen dann die Süddeutschen stärker.“

 

Erst im 17./18. Jahrhundert kamen auch die Österreicher – sie beeinflussen die Anima bis in die heutige Zeit. Bis heute bestimmt die österreichische Bischofskongregation den Rektor der Anima. Für Eberhard Nikitsch ist das alles Wissen, das er auch aus den Inschriften zusammentragen konnte. Authentische, meist persönliche Grabinschriften seien Zeugnisse, die als Quellen noch nicht richtig gewürdigt worden seien, so der Autor.

 

„Die wichtigsten Erkenntnisse waren, dass die ganzen Inschriften im Prinzip in der klassischen Latinität gehalten sind. Also man könnte sich auch vorstellen, es sind Deutsche hier begraben oder Deutschsprachige, die würden auch ihre Muttersprache mitbringen, die würden das auch so machen wie zuhause, aber sie kommen nach Rom und werden Römer. Es heißt, sie finden in der Anima maximal zwei, drei Grabinschriften, Grabplatten, die so nordalpin geprägt sind.“

 

Hierbei handele es sich jedoch um Soldaten, die in Rom um 12521/22 gestorben sind und in der Anima begraben wurden. In der Regel seien die Inschriften auf Latein verfasst, meist auch in schwierigem Renessaincelatein. Das herauszufinden habe ihn schon erstaunt, sagt Eberhard Nikitsch.

 

„Die zweite Sache, was ich vorher auch nicht wusste: Die Kleriker, die Karriere hier gemacht haben in Rom, waren alles Bürgerliche. In Deutschland sind an den großen Stiften, an den Domen immer Adelige, die dort auch Karriere machen, Bischöfe werden und so weiter, in Rom sind es aber Bürgerliche. Das sind kluge Leute, die zuhause wahrscheinlich keine Chance hatten auf eine ordentliche Karriere – dann kommen sie nach Rom, sind Juristen oder Kirchenjuristen oder auch Sonstige und machen hier wirklich Karriere als Bürgerliche.“

 

Eberhard Nikitsch: „Das Heilige Römische Reich an der Piazza Navona - Santa Maria dell’Anima in Rom im Spiegel ihrer Inschriften aus Spätmittelalter und Früher Neuzeit“. Der knapp 300 Seiten starke Band des Verlags Schnell und Steiner enthält mehr als 100 Illustrationen und kostet rund 50 Euro.

 

(rv 13.12.2014 kin)

 








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