2014-11-30 19:20:00

Die fliegende Pressekonferenz


Ökumene, die Türkei, Islamophobie und die Beziehungen zum Moskauer Patriarchat: Eine dreiviertel Stunde lang beantwortete Papst Franziskus beim Rückflug aus der Türkei die Fragen der Journalisten. Zuvor aber begrüßte er jeden und jede einzeln und per Handschlag, so viel Zeit musste sein.

Die erste Frage bezog sich auf die Bemerkung des türkischen Präsidenten Erdoğan, der von der Islamophobie im Westen sprach. Ob da der interreligiöse Dialog reiche, wollte eine türkische Journalistin wissen, und was genau denn die Politiker tun könnten.

Das sei eine Antwort für ein ganzes Buch, so der Papst in seiner Antwort. Islamfeindlichkeit gebe es, aber man dürfe nicht den Fehler machen, terroristische Akte auf den Islam als Religion zurück zu führen. Alle Religionen hätten solche Gruppen, nicht nur der Islam. Er habe dem Präsidenten gesagt, dass es gut wäre, wenn als islamischen Autoritäten – politische wie auch religiöse oder akademische – das ganz klar verurteilen würden, denn es würde der Mehrheit der Muslime helfen, ebenfalls „Nein!“ zu sagen. Das sei seine Antwort auf die Worte des Präsidenten gewesen.

Dann ging der Papst aber auch auf Christophobie ein: Christen würden aus dem Nahen Osten vertrieben, das dürfe man auch nicht übersehen. Und drittens der interreligiöse Dialog: Seine wahrscheinlich beste Unterhaltung habe er mit dem Präsidenten des Religionsamtes Diyanet gehabt, so Papst Franziskus zu den Journalisten. Er habe gesagt, dass der Dialog irgendwie an ein Ende gekommen sei und einen qualitativen Sprung brauche. Dieser Sprung könne dadurch geschehen, dass ich Menschen über ihre religiösen Erfahrungen austauschten, nicht über Theologie. Das wäre der Schritt vorwärts.


Eine zweite Journalistin wollte wissen, was es für eine Erfahrung gewesen sei, in einer Moschee zu beten.

Er sei als Pilger in die Türkei gekommen, nicht als Tourist, antwortete Franziskus. Das habe er auch nicht ablegen können, als er in der Moschee gewesen sei, er habe einfach das Bedürfnis gespürt, zu beten. „Beten wir?“ habe er den Mufti gefragt, und dann habe er für die Türkei gebetet, für den Frieden, ganz besonders für den Frieden.


Die dritte Frage bezog sich auf mögliche Perspektiven für einen Kontakt mit dem Patriarchen von Moskau, nachdem die Begegnungen mit dem Patriarchen von Konstantinopel so gut verlaufen seien.

Der Papst sprach in seiner Antwort lange über die „Ökumene des Blutes“, über die Märtyrer. Und er erzählte von einer Erfahrung in Hamburg: „Als ich in Deutschland war, sollte ich nach Hamburg zu einer Taufe fahren. Und der Pfarrer erzählte mir von dem Heiligsprechungsprozess für einen Geistlichen, der von den Nazis umgebracht wurde, weil er den Katechismus unterrichtete. Er habe herausgefunden, da auch ein lutherischer Pfarrer war, der aus den gleichen Gründen hingerichtet wurde.“ Dieser Priester sei dann zu seinem Bischof gegangen und habe gesagt, er betreibe den Heiligsprechungsprozess nicht mehr nur für den katholischen Priester, sondern für beide oder keinen. Das sei die Ökumene des Blutes. 

Mit Patriarch Kyrill sei er sich einig, dass sie sich treffen wollten. Er habe ihm gesagt, er solle sagen wo, dann würde er – Papst Franziskus – dorthin kommen. Mit dem Problem des Krieges habe Kyrill aber viele Probleme, so dass eine Begegnung mit dem Papst nicht das Wichtigste sei. 


Die vierte Frage bezog sich auf eine Formulierung des Papstes während der Göttlichen Liturgie an diesem Sonntag Morgen: Keine Bedingungen würde die katholische Kirche für die volle Einheit stellen. Was genau bedeute dieser Satz?

Der Moment der Teilung sei Thema gewesen, berichtete der Papst aus seinen Gesprächen, der Ort, an dem ein Kardinal die Exkommunikation nach Konstantinopel gebracht habe, sei dort gewesen, wo man gegessen habe. Hier habe sich die Kirche mit sich selber beschäftigt, und genau dadurch entstünden Teilungen. Einheit – darüber habe er in seiner Predigt in der Messe am Samstag gesprochen – komme durch den Heiligen Geist, denn nur der bringe die nötige Kreativität.

Was das Problem des Primates [des Papstes] angeht: Da müsste die Kirche vielleicht aus den ersten Jahrhunderten lernen. Er sage nicht, dass sich die Kirche geirrt habe, sondern, dass es einen Weg in der Geschichte gegeben habe. Der Schlüssel zum Verstehen sei im Verstehen der ersten Jahrhunderte zu suchen. Sonst würde die Kirche zu einer „theologishen Nichtregierungsorganisation“.


Nach der Landung in Rom und vor der Rückkehr in den Vatikan fuhr der Papst wie bereits zur Tradition geworden in die Kirche Santa Maria Maggiore, um vor dem Bild der Mutter Gottes zu beten und Gott für den guten Abschluss seiner sechsten internationalen Reise zu danken.


Diese Meldung wird ständig aktualisiert ...

(rv 30.11.2014 ord)

(rv 30.11.2014 ord)








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