Papst und EU: „Ein nicht zu unterschätzendes Signal“
Die „Europäische Volkspartei“,
kurz EVP, freut sich auf den Papst: Am 25. November tritt Franziskus vor dem EU-Parlament
in Straßburg auf. Manfred Weber, der Vorsitzende der christdemokratischen Fraktion
im Parlament, spricht im Interview mit Radio Vatikan an diesem Donnerstag von einem
herausragenden Ereignis. „Als EVP-Fraktionschef freue ich mich zunächst mal
ganz stark darüber, dass der Papst bei seinem ersten Besuch in Europa, bei den europäischen
Institutionen, ins Parlament kommt - an den Ort der Demokratie Europas, an den Ort,
wo die Bürgerkammer ist, wo die Menschen Europas vertreten werden. Das ist ja ein
nicht zu unterschätzendes Signal, das er damit setzt!“
Die christdemokratische
Fraktion ist die stärkste im EU-Parlament – auch wenn nicht sie, sondern die sozialdemokratische
Fraktion mit Martin Schulz derzeit den Parlamentspräsidenten stellt. Auch während
des achtjährigen Pontifikats von Benedikt XVI. war immer wieder die Rede von einem
möglichen Papstbesuch im EU-Parlament gewesen - ohne dass ein solcher allerdings zustande
kam. Jetzt kommt Franziskus schon im zweiten Jahr seiner Amtszeit.
„Ich
glaube, dass beide wissen, dass die europäische Ebene wichtig ist und dass das Signal,
dass wir uns um Europa kümmern - gerade als katholische Christen - von zentraler Bedeutung
ist. Deswegen sehe ich bei beiden kein Problem.“
Als Benedikt XVI. im September
2011 vor dem Deutschen Bundestag das Wort ergriff, wurde er nicht von allen Abgeordneten
und Fraktionen mit offenen Armen empfangen: Polemische Fragen, ob der deutsche Papst
überhaupt das Recht zu einem solchen Parlamentsauftritt habe, führten vor der Reise
zu Missklängen. Auch im EU-Parlament wird gerne einmal polemisiert und protestiert,
doch Weber meint:
„In den vorbereitenden Sitzungen war Konsens da, dass
alle Fraktionen sich auf den Papst freuen. Ich glaube auch, dass er freundlich und
würdig empfangen wird! Er ist als Staatsoberhaupt zu Gast, und ich glaube, dass viele
sehr gespannt sind auf seine Botschaften.“
Dass einige Menschen dem argentinischen
Papst „kommunistische Tendenzen“ nachweisen wollen, bereitet dem EVP-Chef kein Kopfzerbrechen.
Seine Fraktion sei christlichen Werten verpflichtet, argumentiert er.
„Aus
diesem Bewusstsein heraus wünsche ich mir und freue ich mich darüber, dass wir einen
motivierenden Papst haben, der Klartext spricht, der uns auffordert, die Werte im
Alltag, in den heutigen Problemlagen der Welt zu leben. Zum Beispiel die Fragestellung,
dass unsere Wirtschaft heute den Armen keine Chance gibt auf menschenwürdiges Leben
- das muss uns umtreiben! Da dürfen wir nicht wegschauen! Und auch der Hinweis, dass
es eine Schande für Europa ist, wie wir im Mittelmeer mit Flüchtlingen umgehen, wenn
dort Menschen sterben - das sind Appelle, die wichtig sind!“
Weber setzt
außerdem darauf, dass der Papst in der Debatte um Sterbehilfe, wie sie in vielen Ländern
Europas derzeit geführt wird, seine Autorität für den Lebensschutz in die Waagschale
wirft.
„Da muss es eine Kraft geben, eine Macht wie die katholische Kirche,
die uns daran erinnert, dass Gott entscheidet über das Ende des Lebens und nicht Menschen.
Das ist eine der Hauptdebatten, die wir in ganz Europa haben. Und ein zweites Thema,
das in den nächsten Jahren ein klassisches Europathema sein wird: Wir haben Europa
stark auf Wirtschaftsvereinigung, auf dem Binnenmarkt aufgebaut. Wir werden die Diskussion
führen müssen, ob wir Europa stärker um soziale Aspekte ergänzen; ob wir Solidarität
in Europa praktizieren - und wie wir sie praktizieren, damit sie auch funktioniert.“
Der
Christdemokrat sieht den „Papst vom Ende der Welt“ also vor allem als Verbündeten.
Was Franziskus in seiner Rede vor dem Parlament sagen sollte? Da will Weber dem Papst
keine Vorschriften machen. Er freue sich einfach, dass der Papst komme, sagt er noch
einmal.
„Und ich glaube, dass das Bekenntnis zu Europa für unseren Kontinent
schon sehr wichtig ist, weil viele ja zweifeln an diesem Kontinent, an diesem gemeinsamen
europäischen Weg, den wir gehen. Wenn er mit seinem Besuch eben das klare Bekenntnis
ablegt: Geht den Weg der Partnerschaft und des Miteinanders auf diesem Kontinent weiter!
- dann ist das das wichtigste Signal.“
Manfred Weber ist bayerischer CSU-Politiker.
Er steht seit dem 4. Juni dieses Jahres an der Spitze der EVP-Fraktion.