Gutes Klima in der Sixtina: Neue Licht- und Belüftungsanlage
„Revolutionär“, ein
„historischer Moment“: So kommentierten einige Journalisten am Mittwochabend den ersten
Blick in die Sixtinische Kapelle mit ihrem neuen Licht und mit neuem „Atem“ - nämlich
einem neuen Belüftungssystem. Drei Jahre intensives Arbeiten, Untersuchen, Labortests,
Innovationen haben sich sichtlich rentiert. Finanziert wurde die Erneuerung der Beleuchtung
und der Belüftung der wichtigsten Kapelle des Vatikans von der Europäischen Union.
Es scheint der richtige Zeitpunkt: zwanzig Jahre nach der letzten Restaurierung und
passend zum 450. Todestag des Universalgenies Michelangelo. Der Vize-Direktor des
Museums, Arnold Nesselrath, erklärte Radio Vatikan in der Sixtina, was sich da genau
verändert hat:
„Der Unterschied ist sehr groß, in zweifacher Hinsicht: Erstens
kann man die Kapelle jetzt als Ganzes wahrnehmen. Früher waren nur die Michelangelofresken
beleuchtet, jetzt kann man auch die Fresken aus dem 15. Jahrhundert sehen, und es
sind alle Beleuchtungskörper verschwunden, die man vorher in der Kapelle hatte, so
dass diese nicht mehr stören. Nur wenn die Festbeleuchtung an ist, die für päpstliche
Zeremonien angemacht wird, dann kommen diese Lampen von dem Gesims herunter – und
dann soll man aber auch auf etwas anderes achten. Die Fresken rücken dann in den Hintergrund."
Das
Lichtkonzept der Firma Osram – mit 7.000 LED-Lampen – ist also nicht unbedingt heller,
sondern nur anders verteilt. Man kann wählen zwischen normaler Beleuchtung und einer
sogenannten Galabeleuchtung – vor allem für päpstliche Zeremonien also. Die Fresken
der Sixtina aus dem 15. Jahrhundert, die nicht von Michelangelo stammen und die jetzt
buchstäblich ins Licht rücken, sind Kunstwerke der Renaissance von Botticelli, Perugino,
Pinturicchio, Domenico Ghirlandaio, Luca Signorelli und Piero di Cosimo. Nesselrath
erläutert:
„Eine Wolke von Licht“
„Denn die Sixtinische Kapelle
ist ja nicht Michelangelo. Michelangelo ist unter Sixtus IV. nur geboren worden, aber
ansonsten hatte er nicht viel mit ihm zu tun. Das, was hier in der Sixtinischen Kapelle
passiert, ist die Darstellung der Heilsgeschichte. Hier treten Michelangelofresken
in Dialog mit den Fresken des 15. Jahrhunderts! Das ist die Botschaft dieser Kapelle,
hier wird die Auferstehung zelebriert, und das will man auch mit dieser Beleuchtung
zum Tragen bringen. Es ist immerhin die Hauptkapelle des vatikanischen Palastes, und
ihre spirituelle Botschaft soll durch die Beleuchtung unterstützt werden.“
Keine
Show für Touristen, sondern natürliches Licht – das ist übrigens auch im Interesse
der Umwelt. Mit der neuen Beleuchtung wird 90% weniger Strom konsumiert als davor.
Der Vizedirektor der Museen ist davon überzeugt, das neue Licht hätte auch Michelangelo
gefallen.
„Wir haben uns auch Mühe gegeben, die natürliche Beleuchtung nachzuahmen.
Wir haben also das getan, was Michelangelo auch gemacht hat. Er hat auf die Fresken
des 15. Jahrhunderts geschaut und hat daraus die Beleuchtung für seine Decke entwickelt.
Dieses Konzept steht hinter der Beleuchtungstechnik, und die Kollegen von Osram sind
in der Lage gewesen, unsere Erwartungen zu übertreffen, denn ich hatte die Latte sehr
hoch gelegt. Die Lichtelemente sollten alle verschwinden, und im Endeffekt sind sie
alle verschwunden. Mit dieser LED-Technik wird eine Wolke von Licht erzeugt, die über
die Reflexe dann den Effekt hervorbringt.“
Die neue Belüftung von der amerikanischen
Firma "Carrier" ist nicht weniger spektakulär, denn sie berechnet, wie viele Menschen
im Raum sind, und reguliert so die Temperatur des Raumes auf 20-25 Grad. Nicht weniger
als sechs Millionen Menschen besuchen jährlich die Sixtinische Kapelle. Ihre Körperwärme
und die Feuchtigkeit ihres Atems können eine Gefahr für die Kunstschätze sein. Das
1994 installierte Filter- und Belüftungssystem konnte mit dieser Belastung nicht mehr
mithalten. Ab Freitag ist die Sixtinische Kapelle mit neuen Licht und neuer Luft für
alle Besucher der Vatikanischen Museen zugänglich. Davor findet noch ein zweitägiges
Expertentreffen zu den Entwicklungen und den Forschungen des Projekts der Sixtinischen
Kapelle mit Direktoren und Emissären großer Museen aus aller Welt statt. (rv 30.10.2014
no)