Zur sichtbaren Wirklichkeit
der Kirche gehören nicht bloß der Papst, die Bischöfe, Priester und Ordensschwestern,
sondern alle Getauften. Daran hat Papst Franziskus an diesem Mittwoch bei der Generalaudienz
erinnert; vor Zehntausenden Pilgern und Gästen auf dem Petersplatz setzte der Papst
seine Katechesenreihe über die Kirche fort. Die Kirche habe eine geistliche und eine
sichtbare Wirklichkeit, die untrennbar zusammengehörten, so Franziskus.
„Die
sichtbare Wirklichkeit der Kirche besteht auch aus den vielen getauften Brüdern und
Schwestern in der Welt, die glauben, hoffen und lieben. Die Kirche, das sind wir alle,
alle! Wir alle! Alle Getauften sind wir die Kirche, die Kirche Jesu. Alle jene, die
dem Herrn Jesus folgen und die in seinem Namen den Letzten und den Leidenden nahe
sind, um ihnen ein wenig Erleichterung, Trost und Frieden zu schenken.“
Aus
diesem Grund sei die sichtbare Wirklichkeit der Kirche „nicht messbar“ und in ihrer
Fülle nicht erkennbar, fuhr Franziskus fort.
„Denn wie kann man all das
Gute wissen, das getan wird? So viele Werke der Liebe, so viel Treue in den Familien,
so viel Arbeit zur Erziehung der Kinder… so viel Leid bei den Kranken, die ihr Leiden
dem Herrn aufopfern… Wie kann man all die Wunder kennen, die Christus durch uns in
den Herzen und im Leben jedes Menschen zu wirken imstande ist? Seht: Auch die sichtbare
Wirklichkeit der Kirche übersteigt unsere Kontrolle, übersteigt unsere Kräfte und
ist eine geheimnisvolle Wirklichkeit, weil sie von Gott kommt.“
Der Schlüssel,
um die Beziehung zwischen der sichtbaren und der geistlichen Wirklichkeit der Kirche
zu verstehen, sei Christus: Christus, dessen Leib die Kirche sei und der die Kirche
„in einem Akt grenzenloser Liebe“ gegründet habe.
„So erkennen wir auch
in Christus die Kraft des Geheimnisses der Menschwerdung, wir erkennen eine menschliche
und eine göttliche Natur, die in ein und derselben Person wundersam und unauflöslich
vereint sind. Das gilt entsprechend auch für die Kirche.“
So wie Christus
sei „auch die Kirche ein Geheimnis, in dem das, was man nicht sieht, wichtiger ist
als das, was man sieht“, erklärte Franziskus. Das Unsichtbare könne „nur mit den Augen
des Glaubens erkannt werden“. Christus habe sich seines Menschseins bedient, um den
göttlichen Plan der Erlösung und des Heils zu verwirklichen.
„Wenn das
ein Christ ist, dann werde ich Atheist“
„Und genauso muss es auch
in der Kirche sein. Durch ihre sichtbare Wirklichkeit, die Sakramente und ihr Zeugnis,
ist die Kirche dazu gerufen, jeden Tag jedem Menschen nahe zu sein, angefangen von
den Armen, den Leidenden und an den Rand Gedrängten, damit sie auch heute den Blick
von Jesus voller Mitleid und Erbarmen spüren.“
Das sei ein hoher Anspruch,
den die Amtsträger und die Getauften nicht immer einlösen, räumte Franziskus ein:
„Oft erfahren wir als Kirche unsere Schwäche und unsere Grenzen“.
„Keiner
von uns, wirklich keiner, kann von sich sagen: „Ich bin kein Sünder.“ Es ist richtig,
dass das in uns tiefen Kummer auslöst, besonders wenn wir ein schlechtes Beispiel
abgeben und merken, dass wir Anlass zu Skandal sind. Wie oft haben wir das bei uns
im Stadtviertel gehört: Der oder die da rennt dauernd in die Kirche, macht aber die
anderen immer schlecht… Was für ein schlechtes Beispiel, oder? Andere schlecht machen:
das ist nicht christlich, das ist eine Sünde. „Also, wenn das ein Christ ist, dann
werde ich Atheist.“ Bitten wir darum, keinen Anstoß zu erregen! Bitten wir um die
Gabe des Glaubens, damit wir verstehen, wie der Herr uns trotz unserer Beschränktheit
und Armut wirklich zu Instrumenten der Gnade und zum sichtbaren Zeichen seiner Liebe
für die ganze Menschheit gemacht hat.“