2014-10-28 15:43:32

D: Wenn Dschihadisten sich auf den Koran berufen


Der deutsche Islamwissenschaftler Christian Troll lobt die Erklärungen, mit denen sich muslimische Verbände und Einzelpersonen vom Terror des „Islamischen Staats“ distanziert haben. „Eine derartige geballte Reaktion vonseiten der Muslime aus allen Teilen der Welt ist neu“, schreibt der Jesuit in der Zeitschrift „Christ in der Gegenwart“. Allerdings bleibe bei den Erklärungen in der Regel zweideutig, „welchen Islam die Unterzeichner im Sinn haben“. Tatsächlich nämlich gebe es „in den heiligen Schriften des Islam nicht wenige Texte, die den Gebrauch von Gewalt rechtfertigen oder sogar vorschreiben“; darauf könnten sich Dschihadisten berufen. Das „Prinzip des militanten Dschihad, des Kampfes und Tötens auf dem Weg Gottes“, gehe auf Muhammad zurück, so Troll; es seien „seine Regeln, welche die Dschihadisten weltweit umfassend wortgetreu umzusetzen versuchen“.

Pater Troll äußert den Verdacht, dass viele Dschihadisten durch den Islamunterricht „in Schulen und Moscheen“ radikalisiert würden. Anders als alle großen christlichen Kirchen gebe es vor allem im sunnitischen Islam keine „theologische lehramtliche Institution“, die einer nicht-wörtlichen Auslegung des Korans das Wort reden könnte. „Keinerlei sunnitische Autorität ist theologisch berechtigt, etwa die moralisch unakzeptablen Texte und Lehren des Korans zu verbieten“, schreibt Troll. „Wenn ein Muslim oder eine Gruppe von Muslimen die zahlreichen Aufrufe zum Kampf mit der Waffe wortwörtlich als im Koran gegebene göttliche Befehle oder Erlaubnisse versteht und umsetzt, können sie beanspruchen und sicher sein, den Erwartungen Gottes zu entsprechen.“ Dieser Interpretation könne im sunnitischen Islam keine Einrichtung mit Autorität widersprechen.

Für den Islamwissenschaftler Troll „sind es nicht nur extremistische Muslime, die beunruhigen und beängstigen, sondern es sind, grundsätzlicher, die Texte des Korans, auf die sie sich als ihnen wortwörtlich von Gott geoffenbarte beziehen“. Er ruft nach einer neuen Koranauslegung und islamischen „Instanzen, die legitim neue Deutungen im Glauben vorlegen“. „Anders ist eine Erneuerung des islamischen Denkens und Handelns in ihrer religiösen, politischen und sozialen Dimension kaum vorstellbar.“

(cig 28.10.2014 sk)








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