Ein australischer
Abgeordneter hat sein Land wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit beim Internationalen
Strafgerichtshof angeklagt. Andrew Wilkie, so heißt der Politiker, wirft der Regierung
von Canberra vor, eine „unmenschliche Einwanderungspolitik“ zu betreiben. Außerdem
sieht er Verstöße gegen mehrere internationale Abkommen in Sachen Migration. Dass
Australien eine einigermaßen ruppige Einwanderungspolitik betreibt, werden selbst
ihre Befürworter einräumen. Aber ist das ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit?
Auch
der Migrationsexperte François Gemenne sieht viele Schattenseiten in Australiens Migrationspolitik.
Im Gespräch mit Radio Vatikan sagt der französische Wissenschaftler:
„Es
ist eine Tatsache, dass Australien weltweit eine der härtesten Regelungen bei der
Einwanderungspolitik hat. Man muss bedenken, dass die Aufnahmezentren nicht einmal
in Australien selber sind: Australien hat mit einigen Inselstaaten im Pazifik – beispielsweise
mit Papua-Neuguinea – Verträge abgeschlossen, in denen diese Zentren aufgelistet sind.“
Die
offizielle Begründung dafür lautet: Australien will potentielle Migranten von vornherein
entmutigen, die Überfahrt anzutreten.
„Das ist aber genau das Gegenteil
von dem, was das internationale Asylrecht vorsieht: Es geht doch darum, dass man Flüchtlingen
hilft und sie aufnimmt, wenn sie in Lebensgefahr sind. Australien ist in dieser Hinsicht
ein Sonderfall, der dieses internationale Recht missachtet. Und das ist ein klarer
Verstoß gegen die Genfer Konvention, die im übrigen auch von Australien unterzeichnet
wurde.“
Dennoch glaubt der Migrationsexperte nicht daran, dass Australien
ein Urteil des Internationalen Strafgerichtshofs zu fürchten hätte. Schließlich sei
die Klage „politisch motiviert“. Trotzdem wäre es nicht schlecht, wenn sich die Richter
zu einem Urteil gegen Canberra bereitfänden, überlegt Gemenne.
„Denn es
gibt ja auch europäische Staaten, die in die australische Richtung tendieren. Wenn
das internationale Gericht nunAustralien verurteilen würde, dann wäre dies auch ein
Signal an diese europäischen Staaten. Ich will nur daran erinnern, dass die Flüchtlinge,
die versuchen, per Boot nach Australien zu flüchten, sich in derselben Lage befinden
wie jene auf dem Mittelmeer! Wir dürfen nicht vergessen, dass seit den 90er Jahren
etwa 30.000 Menschen auf der Flucht gestorben sind.“