Irak/Syrien: Für militärische und politische Gegenstrategie
Die römische Jesuitenzeitschrift „Civiltà Cattolica“ beschäftigt sich in der neuesten
Ausgabe mit den realistischen Chancen eines Zurückdrängens der Terrormiliz „Islamischer
Staat“. Man dürfe sich vom „Zorn und vom Hass“, die für den IS charakteristisch seien,
nicht anstecken lassen, betont der Nahostexperte und Jesuit Pierre de Charentenay.
Eine militärische Lösung, um die „Kämpfer“ zu stoppen, sei durchaus möglich, aber
nur, wenn Bodentruppen eingesetzt würden. Über die militärische Aktion hinaus sei
aber auch eine politische Aktion unerlässlich, stellt de Charentenay fest. Vor allem
aber gehe es um einen Aktionsplan für die Zivilgesellschaften im Nahen Osten und in
aller Welt.
Das sogenannte „Kalifat“ habe sich als Anziehungspool für die
Gegner Amerikas und eine große Zahl von Muslimen mit niedrigem kulturellem Niveau
erwiesen, die „sich gedemütigt fühlen und einen extremen Ort zum Kämpfen suchen“.
Die Terrorgruppe wirke aber auch anziehend auf Leute, „die mit dem politischen, sozialen
und kulturellen Leben des Westens unzufrieden sind, Muslime und Nichtmuslime“. Angesichts
der beträchtlichen Zahl von IS-„Rekruten“ aus westlichen Ländern müsse man sich in
diesen Staaten fragen, was in der Gesellschaft vorgeht und wieso viele Menschen auf
eine solche Propaganda wie die von IS hereinfallen. Wenn es zutreffe, dass das Internet
der Hauptverbreitungskanal für die Propaganda des „Kalifats“ geworden sei, dann müssten
die sozialen Netzwerke auch der Ort sein, wo man dieser Offensive entgegentrete.
Ausführlich
nimmt Pater de Charentenay auch zur Frage der Geiseln Stellung. Der IS habe in diesem
Bereich einen „sehr ertragreichen Markt“ entwickelt, der die öffentliche Meinung empöre.
Einige Länder, vor allem Frankreich, seien vom US-Präsidenten Barack Obama beschuldigt
worden, Lösegelder zu zahlen. Es werde festgestellt, dass Zahlungen den Markt der
Entführungen nähren, andererseits bedeute die Zahlungsverweigerung letztlich, dass
man die Geiseln der Gewalt der Entführer vor den Videokameras überlasse. Während der
Terrorismus an Terrain gewinne, spiegle sich in diesen Auseinandersetzungen auch die
„Verwirrung des Westens“ wider, analysiert der französische Jesuit.