Unser Buchtipp: Paul VI. - ein Papst im Zeichen des Widerspruchs
Autor: Ulrich Nersinger, Paul VI. - ein Papst im Zeichen des Widerspruchs. Eine Besprechung
von Gudrun Sailer. Papst Paul VI. wird am Sonntag, den 19. Oktober, zum Abschluss
der Außerordentlichen Generalversammlung der Bischöfe zum Thema Familie im Vatikan
selig gesprochen. Rechtzeitig legt der Historiker und Vatikankenner Ulrich Nersinger
nun ein kompaktes kleines Buch vor, das die Vita und die kirchlichen Anliegen des
Konzilspapstes zusammenfasst. Paul VI. saß von 1963 bis 1978 auf dem Stuhl Petri und
gilt heute als eher verkannter Papst, wie der Autor im Vorwort schreibt. Doch vieles
in diesem Pontifikat wies in die Zukunft. Paul VI., der als Erzbischof von Mailand
am II. Vatikanischen Konzil teilnahm, sich dort aber nur selten zu Wort meldete, bezeichnete
kurz nach seinem Amtsantritt die Fortsetzung der großen Kirchenversammlung als „die
wichtigste Aufgabe Unseres Pontifikates“. Nersinger zeigt exemplarisch, wie der Papst
die Beratungen zugleich ermunterte, führte und gegebenenfalls korrigierte. Er erklärt,
wie es kam, das Paul VI. zum ersten reisenden Papst wurde, und das zur Überraschung
der Welt, die nur sesshafte Päpste kannte: 1964 pilgerte Paul VI. ins Heilige Land,
bereits die zweite Reise galt der UNO in New York, danach Portugal und die Philippinen,
wo ein Messer-Attentat auf den Papst glimpflich ausgeht.
Die Friedensbemühungen
des Papstes sind ebenso Thema dieses Buches wie seine „Ostpolitik“, seine Sympathie
für die zeitgenössische Kunst und seine umfassende Kurienreform, die dem „päpstlichen
Hof“ ein „päpstliches Haus“ machte, zwei von vier Gardekorps kappte und das vererbbare
Amt im Papststaat abschaffte. Erhellendes unterbreitet Nersinger auch über Entstehung
und Inhalt der Enzyklika „Humanae Vitae“, mit der Paul VI. zu verantwortungsvoller
Elternschaft mahnt und künstliche Verhütung ablehnt.
Der Autor versteht es,
das Pontifikat Paul VI. so in seinen Kontext einzuordnen, dass das Neue daran begreiflich
wird. Zurückhaltend eingestreute Anekdoten sorgen für das rechte Maß an Plastizität.
Immer wieder lässt Nersinger den Papst selbst in direkten Zitaten zu Wort kommen.
Das gelungene Porträt von Paul VI., das so entsteht, rückt das Bild eines Papstes
zurecht, der zu lange als uncharismatischer Nachfolger Petri galt.
Ulrich
Nersinger: Paul VI. - ein Papst im Zeichen des Widerspruchs. Patrimonium Verlag, 15
Euro.