Dem früheren Päpstlichen Nuntius in der Dominikanischen Republik, Erzbischof Jozef
Wesolowski, werden sexueller Missbrauch von Kindern und auch der Besitz von kinderpornografischem
Material vorgeworfen. Das präzisierte Vatikansprecher Federico Lombardi am Mittwochabend
in einem Pressestatement. Wesolowski, der nach einem Verfahren der vatikanischen Glaubenskongregation
aus dem Priesterstand entlassen worden ist, steht, wie am Dienstagabend bekannt wurde,
im Vatikan unter Hausarrest. Er wird sich sich „wegen schweren Missbrauchs von Minderjährigen“
in erster Instanz vor dem Tribunal des Vatikanstaats verantworten müssen.
Lombardi
erklärte, die Anklage stütze sich sowohl auf Akten des kanonischen Prozesses der Glaubenskongregation
als auch auf Material, das die Dominikanische Republik dem Vatikan übermittelt habe.
Wesolowski sei ein Pflichtverteidiger zur Verfügung gestellt worden, doch könne er
sich auch einen Anwalt seiner Wahl nehmen. Derzeit führe der vatikanische Staatsanwalt
noch Ermittlungen durch; dazu könnten auch Vernehmungen des früheren Vatikandiplomaten
gehören. Anschließend könne der Prozess beginnen. Lombardi wörtlich: „Man kann davon
ausgehen, dass es bis dahin noch einige Monate dauern wird.“ Er rechne mit einem Prozessbeginn
im Frühjahr 2015.
„Hausarrest wegen Fluchtgefahr“
Das
auf den Fall Wesolowski anzuwendende Gesetz könne nicht das neue Regelwerk sein, das
am 1. September letzten Jahres in Kraft getreten ist, weil die Wesolowski zur Last
gelegten Vergehen „dem Inkrafttreten dieses Gesetzes vorausgegangen sind“. Die von
der früheren Gesetzeslage vorgesehenen Gefängnisstrafen bei diesen Verbrechen liegen
nach Angaben des Vatikansprechers „ungefähr bei sechs oder sieben Jahren“; eine Gefängnisstrafe
könne aber auch noch höher ausfallen, falls das Gericht besonders schwerwiegende Umstände
erkenne. Dass gegen den früheren Papstbotschafter der Hausarrest verhängt worden sei,
solle ihn „offensichtlich“ an einer Flucht und an einem Vernichten von Beweismaterial
hindern.
Pater Lombardi wies auch darauf hin, dass Wesolowskis Ausschluss vom
Priesterstand noch nicht endgültig sei. Der Betroffene habe nämlich gegen die Entscheidung
Berufung eingelegt. Wesolowski wird beschuldigt, während seiner Amtszeit in der Dominikanischen
Republik sieben Kinder in kirchlichen Einrichtungen sexuell missbraucht zu haben.
Er ist der bisher ranghöchste Kirchenmann, gegen den der Vatikan wegen sexuellen Missbrauchs
vorgegangen ist.
Wesolowski darf seinen Hausarrest nur unter Auflagen verlassen.
Mit der Maßnahme folgt die vatikanische Staatsanwaltschaft nach Vatikan-Angaben dem
ausdrücklichen Willen von Papst Franziskus, einen so schwerwiegenden Fall streng und
ohne Verzug zu verfolgen. Eine Auslieferung Wesolowskis an die Justiz seiner polnischen
Heimat hatte der Vatikan abgelehnt. Auf eine Untersuchungshaft verzichtet die vatikanische
Justiz angesichts von Wesolowskis schlechtem Gesundheitszustand. Der Kirchendiplomat
war vor einem Jahr von seinem Posten als Nuntius in der Dominikanischen Republik abberufen
worden. Es folgte der Prozess der Glaubenskongregation.