2014-09-19 13:30:49

Albanien: Würdigung der kirchlichen Hilfs- und Versöhnungsarbeit


RealAudioMP3 Papst Franziskus bricht am kommenden Sonntag zu seiner vierten internationalen Reise auf. Er wolle in Albanien an die Leiden der Vergangenheit erinnern und zugleich das religiöse Zusammenleben in dem Land würdigen, sagte Franziskus in dieser Woche bei der Generalaudienz. Die eintägige Visite ist darüber hinaus als Würdigung der kirchlichen Aufbauarbeit in dem ehemals kommunistischen Land zu verstehen, in dem heute über zwölf Prozent der Bevölkerung immer noch unter der Armutsgrenze leben und er Durchschnittslohn bei 250 Euro liegt. Franziskus ist der zweite Papst in Albanien: Johannes Paul II. besuchte das Land im April 1993, nur wenige Jahre nach Niedergang der Diktatur.

Kirche leistet soziale Pionierarbeit

Ordensgemeinschaften und katholische Hilfswerke leisten in Albanien im sozialen Bereich Pionierarbeit: Ob Unterstützung für arme Familien, Bildungsprojekte für Jugendliche, Behindertenbetreuung oder Gesundheitsdienst – die Kirche ist an all jenen Orten präsent, wo die Unterstützung durch staatliche Stellen nicht greift. Lucjan Avgustini ist Bischof in Sapa. Er sieht den Papstbesuch als Ermutigung für eine Kirche, die in der Vergangenheit schwer gelitten hat. Der Bischof sagte im Gespräch mit dem katholischen Osteuropa-Hilfswerk Renovabis in Albanien:

„Ich verstehe diesen Besuch wie einen Besuch in der Peripherie, wie es in Evangelii gaudium heißt. Auf diese Weise kommt Albanien nach Europa! Die Situation der Gläubigen und überhaupt in Albanien ist immer noch schwer nach dem Kommunismus. Wir wissen alle, was passiert ist mit der Kirche. So ist es auch ein Besuch, der die Kirche hier stärkt. Albaniens Kirche hat nach dem Kommunismus 22 Jahre lang viel gearbeitet und manchmal denke ich, einige sind etwas müde von dieser Arbeit. Wir müssen neue Kraft finden, weiterzugehen! Und wir müssen jetzt das, was wir erarbeitet haben, vertiefen.“


Versöhnungs- und Erinnerungsarbeit der Kirche

Zu dieser Vertiefung gehört auch die Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit. Vor allem der jungen Generation dürfe hier kein einseitiges Bild vermittelt werden – damit sie die Zukunft besser gestalten kann. Dieser Ansicht ist Pater Antonio Leuzi, Generalvikar von Lezha und Superior des dortigen Rogationistenordens. Der Geistliche leitet zusammen mit seinen Mitarbeitern Bildungsprojekte für albanische Jugendliche. Er sagte gegenüber Renovabis:

„Wir setzen viel auf die intellektuelle Bildung. Denn durch die Erziehung kann man die Art und Weise des Denkens verändern; das Studium öffnet den Geist und bewirkt, dass es keine Unterscheidungen nach Rassen mehr gibt. Bildung bringt uns wirklich zu dem Bewusstsein, die anderen Völker zu respektieren. Und das wollen wir den Schülern vermitteln.“

Im kommunistischen Albanien des Diktators Enver Hodscha wurden Regimekritiker rigoros verfolgt und brutal ermordet. Besonders auch gläubige Menschen und Vertreter der Kirche fielen der Verfolgung zum Opfer. Im „Staat ohne Gott“ überlebten nur wenige Opfer in Arbeitslagern oder Gefängnissen. Heute bemüht sich die nationale Justitia et Pax-Kommission in Zusammenarbeit mit europäischen Partnern darum, solche ehemaligen Orte des Schreckens zu Museen und Denkmälern umzugestalten, um dem Vergessen entgegenzuwirken. Ein solches Mahnmal ist das ehemalige Internierungslager Spaç im nordalbanischen Mirdita-Gebirge. Der Albaner Zenel Dragu saß dort früher ein – heute ist er Wortführer derjenigen, die den Horror überlebten. Er hofft, dass der Papst mit seiner Albanienreise Augenmerk auch auf diese Menschen richten wird:

Wir repräsentieren eine soziale Kategorie, die sehr unterdrückt wurde und die durch enormes Leiden hindurchging. Teil unserer Gruppe waren auch 62 katholische Priester, die während der Zeit des Kommunismus hingerichtet wurden. Im Namen unseres Leidens, ihres Lebensopfers und aller der ca. 3.000 Menschen, die in Shkodra (der größten Stadt Nordalbaniens, Anm.) prozessiert wurden, wäre es uns eine Ehre, wenn wir mit einer Gruppe von Überlebenden den Papst sehen und seine Hand küssen könnten. Das wäre uns die größte Ehre.“

Vorgesehen ist eine solche Begegnung im Zuge der vierzehnstündigen Reise des Papstes leider nicht; jedenfalls nicht laut offiziellem Programm für den kommenden Sonntag. Beste Gelegenheit für die Gläubigen, den Papst zu sehen, dürfte aber die Messe am Sonntagmorgen in Tirana sein, die der gebürtigen Albanerin Mutter Teresa gewidmet ist.
(rv/renovabis 19.09.2014 pr)








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