Papst bei Hochzeitsmesse: „Die Ehe ist keine Fiktion!"
Ein vierzigfaches
„Ja“ im Petersdom: Papst Franziskus hat an diesem Sonntag zwanzig Ehepaare aus seiner
Diözese Rom getraut. In seiner Predigt schwörte er sie auf Treue zueinander ein und
auf das „Heilmittel“ in Schwierigkeiten, die unvermeidlich auftauchen würden: Gottes
Liebe. Wer sich dem gekreuzigten Jesu anvertraut, sagte der Papst, „empfängt die Barmherzigkeit
Gottes und wird durch sie vom tödlichen Gift der Sünde geheilt“.
„Die Liebe
Jesu, der den Bund der Brautleute gesegnet und geheiligt hat, ist fähig, ihre Liebe
zu erhalten und sie zu erneuern, wenn sie – menschlich gesehen – verloren geht, in
die Brüche geht, sich erschöpft. Die Liebe Christi kann den Eheleuten die Freude zurückgeben,
gemeinsam voranzugehen.“
In der Ehe gibt es – so der Papst sinngemäß -
eine spiegelgleiche Aufgabe für beide Partner:
„Der Mann hat die Aufgabe,
seiner Frau zu helfen, mehr Frau zu sein, und die Frau hat die Aufgabe, ihrem Mann
zu helfen, mehr Mann zu sein. Das ist eure Aufgabe füreinander: „Ich liebe dich, und
deshalb mache ich dich mehr zu Frau" – „Ich liebe dich, und deshalb mache ich dich
mehr zum Mann“. Es ist die Wechselwirkung der Verschiedenheiten.“
Ein glatter
Weg sei das nicht, sagte Papst Franziskus. Eine Ehe ohne Konflikte – „das wäre nicht
menschlich“.
„Es ist eine anspruchsvolle, manchmal schwierige, bisweilen
sogar konfliktgeladene Reise, aber so ist das Leben!“
Franziskus bezog
sich auf die erste Lesung, die an diesem Sonntag, dem Fest Kreuzerhöhung, dem Weg
des Volkes durch die Wüste gilt. An einem bestimmten Punkt verloren die Menschen den
Mut, sie waren versucht aufzugeben. Dasselbe könne auch in der Ehe geschehen. In der
Wüste flehte Mose zum Herrn, und dieser sorgte für ein Heilmittel gegen die giftigen
Schlangen, die viele Menschen bissen, sodass sie starben. Mose fertigte eine Schlange
aus Bronze, die er an einem Pfahl aufhängte, und wer sie ansieht, wird vom tödlichen
Gift der Schlangen geheilt.“
„Das Heilmittel, das Gott dem Volk anbietet,
taugt besonders auch für die Eheleute, die unterwegs „den Mut verlieren“ und von den
Versuchungen der Verzagtheit, der Untreue, des Rückzugs, des Verlassens gebissen werden.
Auch ihnen schenkt Gott Vater seinen Sohn Jesus, nicht um sie zu richten, sondern
um sie zu retten: Wenn sie sich ihm anvertrauen, heilt er sie mit seiner barmherzigen
Liebe, die aus seinem Kreuz entspringt, mit der Kraft einer Gnade, die sie wieder
aufleben lässt und ihnen zu neuem Schwung auf dem Weg des Ehe- und Familienlebens
verhilft.“ Inmitten dieser Theologie über das Volk unterwegs, das auch die
Familie und die Eheleute unterwegs, meine, erteilte der Papst einen kleinen Tipp als
Seelsorger:
„Es ist normal, dass Eheleute streiten – aber legt euch nie
schlafen, ohne euch versöhnt zu haben. Es genügt eine kleine Geste. Und so geht man
voran. Die Ehe ist ein Symbol des Lebens, des realen Lebens, es ist keine Fiktion!
Sie ist ein Sakrament der Liebe Christi und der Kirche, einer Liebe, die sich im Kreuz
bewahrheitet und in ihm ihre Garantie findet. Ich wünsche euch Glück! Es wird Prüfungen
geben, aber der Herr ist immer da.“
Unter den Hochzeitspaaren waren auch
solche, die schon länger zusammenleben oder Kinder aus früheren Verbindungen haben.
Die Vatikanzeitung „L´Osservatore Romano“ berichtete von Gabriella und Guido, beide
über 50, die ihr Zusammenleben nach etlichen Jahren mit dem Sakrament segnen wollten.
Sie hätten sich zunächst als „ungeeignet“ für diese Feier empfunden, erzählten sie
dem Reporter. „Aber in Wirklichkeit sind wir alle der Liebe Gottes würdig. Dieser
wunderbare Papst will offenbar eine Kirche, die alle mit der Liebe des Herrn umarmt
und aufnimmt. Und so fühlen wir uns: aufgenommen und symbolhaft umarmt.“
Auf
Wunsch des Papstes war es das Vikariat Rom, das die 20 Hochzeitspaare aussuchte. Fast
alle mussten ein bereits bestelltes Aufgebot zugunsten der Hochzeit im Petersdom verschieben,
berichtete der „Osservatore“. Eine Teilzeitkassierin beim Fast-Food-Restaurant, ein
kalabresischer Disc-Jockey, ein kleiner Angestellter waren unter den Brauleuten. Eines
der Paare hatte sich bei einer Hochzeit kennengelernt und dann im Internet wiedergefunden.
Viele waren im eher vorgerückten Alter, und viele stammten aus römischen Stadtrandgebieten.
Im Petersdom saßen die Brautleute im Halbkreis rund um die Confessio. Als
die Paare einander das Sakrament spendeten, kam es zu jenen sympathischen kleinen
Pannen, die zu jeder Hochzeit gehören: Ringe, die sich nicht anstandslos überstreifen
ließen, gebrochene Stimmen, einige Tränen, große Emotionen, kleine Zeichen; eine Braut,
Francesca Romana, die nach ihrem „si“ dem Ehemann glücklich-verschwörerisch zublinzelte.
Hochzeitsmessen, die von Päpsten gefeiert werden, sind selten. Das letzte
Mal hatte Johannes Paul II. im Jahr 2000 zum Jubiläum der Familien eine Hochzeitsmesse
zelebriert, davor beim Weltfamilientreffen 1994. Franziskus hat offenbar besondere
Freude an der Begleitung von Paaren. So hatte er als erster Papst überhaupt am Valentinstag
Verlobte auf dem Petersplatz empfangen. Die Hochzeitsmesse im Petersdom steht auch
im Vorzeichen der außerordentlichen Bischofssynode zum Thema Ehe und Familie, die
im Oktober im Vatikan stattfinden wird. Franziskus würdigte in seiner Predigt nochmals
die große Bedeutung, die der Institution Familie in der Gesellschaft zukommt:
„Unschätzbar
ist die Kraft, das Aufkommen an Menschlichkeit, das in einer Familie vorhanden ist:
die gegenseitige Hilfe, die erzieherische Begleitung, die Beziehungen, die mit den
Menschen mitwachsen, das Teilen der Freuden und der Schwierigkeiten… Die Familien
sind der erste Ort, an dem wir uns als Person heranbilden, und zugleich sind sie die
„Bausteine“ für den Aufbau der Gesellschaft.“