Papst: Mutter Kirche lehrt mit dem Beispiel der guten Tat
Mit welchen Mitteln
lehrt „Mutter Kirche“ Barmherzigkeit? Sie geht mit guten Taten voran. Das war Franziskus‘
Botschaft an diesem Mittwoch bei der Generalaudienz auf dem Petersplatz. In seiner
Katechese ging es um die Natur der Kirche, ein Thema, das der Papst bereits in der
vergangenen Woche vertieft hatte.
„Kann es einen Christen geben, der nicht
barmherzig ist? Nein. Der Christ muss notwendigerweise barmherzig sein, denn das ist
das Zentrum des Evangeliums. Und die Kirche verhält sich wie Jesus. Sie hält keine
theoretischen Lektionen über Liebe und Barmherzigkeit. Sie verbreitet keine Philosophie
in der Welt, einen Weg der Weisheit… - Sicher, das Christentum ist auch all das, doch
als Konsequenz, als Reflex. Mutter Kirche lehrt mit dem Beispiel, so wie Jesus, und
Worte dienen dazu, die Bedeutung ihrer Gesten zu erleuchten.“
Es reiche
nicht, nur die zu lieben, die uns lieben, oder denen Gutes zu tun, die uns Gutes tun,
so Franziskus. Um die Welt zu verbessern, sei es nötig, denen Gutes zu tun, die nicht
in der Lage sind, es zurückzugeben. Die Barmherzigkeit könne alle Mauern überwinden,
sie verändere jeden, der sie durch seine Taten weitergebe. „Und jeder von uns ist
dazu in der Lage“, so der Papst.Barmherzigkeit bedeute einerseits, sich um
Bedürftige zu kümmern – ganz konkret zum Beispiel, den Armen zu essen und zu trinken
zu geben, und die Fürsorge für Menschen, die krank und einsam seien, fuhr Franziskus
fort. Als leuchtendes Beispiel nannte Franziskus hier Mutter Teresa. Ihr Einsatz auf
den Straßen von Kalkutta sei Vorbild auch für eine menschenwürdige Kultur des Sterbens,
so Franziskus:
„Sie sagten ihr: ,Mutter, das ist verlorene Zeit.’ Sie aber
las auf der Straße die Sterbenden auf, über die schon die Ratten herfielen. Sie nahm
sie mit nach Hause, damit sie sauber, ruhig und umsorgt sterben konnten. Sie gab ihnen
den letzten Abschied. So viele Männer und Frauen tun es ihr gleich. Sie warten auf
sie, um ihnen die Tür des Himmels zu öffnen. Man muss den Menschen dabei helfen, in
Frieden zu sterben.“
Der Papst würdigte hier den Einsatz von Menschen,
die Beistand in Alten- und Krankenhäusern spendeten oder sich um eigene bedürftige
Familienmitglieder zu Hause kümmerten. Barmherzigkeit bedeute aber auch, andere nicht
vorschnell abzuurteilen, führte der Papst weiter aus. Und er nannte als Beispiel Häftlinge
im Strafvollzug.
„,Aber Pater, nein, das ist doch gefährlich, das sind
böse Leute!’ ist über diese Menschen oft zu hören. – Dabei ist jeder von uns dazu
fähig. Hört gut zu: Jeder von uns ist dazu fähig, dasselbe zu tun, was dieser Mann
oder diese Frau getan hat, die im Gefängnis sitzen! Wir sind alle dazu fähig zu sündigen
und zu irren im Leben. Diese Menschen sind nicht böser als du oder ich! Barmherzigkeit
überwindet jede Mauer, jede Grenze, und sie bringt dich dazu, immer das Gesicht des
Menschen zu sehen. Es ist die Barmherzigkeit, die das Herz verändert und das Leben,
die eine Person regenerieren kann und ihr erlauben kann, sich auf neue Weise in die
Gesellschaft einzufügen.“
Den verfolgten Christen im Nahen Osten machte
der Papst bei der Generalaudienz Mut. An die Pilger arabischer Sprache gerichtet sagte
er: „Der Herr belohnt euren Glauben, er schenkt euch Mut im Kampf gegen die Kräfte
des Bösen.“ Jenen, die vom Bösen besessen seien, möge Gott die Augen öffnen, damit
sie das Licht der Wahrheit erkennen und ihre Fehler bereuen könnten.
Bei seiner
Generalaudienz lobte der Papst ein Buch des emeritierten deutschen Kurienkardinals
Walter Kasper über die Barmherzigkeit. Er habe es vor kurzem gelesen und es habe ihm
„viel Gutes gebracht“, so der Papst am Mittwoch auf dem Petersplatz. Der Deutsche
sei „ein fähiger Theologe, ein guter Theologe“. Vor mehreren Zehntausend Pilgern und
Besuchern fügte der Papst hinzu: „Aber glaubt nicht, dass ich Werbung für die Bücher
von Kardinälen mache.“ Kaspers Werk „Barmherzigkeit - Grundbegriff des Evangeliums
- Schlüssel christlichen Lebens“ ist in diesem Jahr in Deutschland in vierter Auflage
erschienen. Darin äußert sich der Kardinal auch zur Frage des Umgangs mit wiederverheiratet
Geschiedenen. Schon bei früheren Gelegenheiten hatte Franziskus seine besondere Wertschätzung
für das theologische Denken Kaspers ausgedrückt. Vor der Audienz begrüßte der Papst
in der Audienzhalle eine Gruppe von Menschen mit Behinderung und Kinder, die unter
Albinismus leiden. Er bat sie darum, für ihn zu beten.