Der Papst ist nach
fünf Tagen in Südkorea wieder in Rom. Wir lassen die Höhepunkte der Reise noch einmal
Revue passieren. Es war die erste Visite eines Papstes in dem Land seit 25 Jahren
und die erste eines Papstes zum Asiatischen Jugendtreffen. Franziskus‘ dritte internationale
Reise hatte einen doppelten Anlass: den Papstbesuch beim VI. Asiatischen Jugendtag
und die Seligsprechung von 124 koreanischen Märtyrern in Seoul.
Möge die
Wirtschaftsnation Korea „auch in der Globalisierung der Solidarität“ führend
werden, wendet sich der Papst in seiner ersten offiziellen Ansprache in Seoul an Politiker
und koreanische Gesellschaft. Werteverwirrung und Relativismus, zügelloser Materialismus,
Egoismus und Verdrängung Armer und Bedürftiger aus der gesellschaftlichen Teilhabe
seien Probleme, die Asiens Christen heute besonders angehen müssten, führt er bei
seiner ersten großen Messe an Maria Himmelfahrt in Daejeon aus: „Mögen sie auch unmenschliche
Wirtschaftsmodelle, die neue Formen von Armut schaffen und Arbeiter an den Rand drängen,
sowie die Kultur des Todes verwerfen, die das Bild Gottes, des Gottes des Lebens,
entstellt und die Würde jedes Menschen – ob Mann, Frau oder Kind – verletzt.“ Ein
Zeichen für die Würde eines jeden Menschen setzt Franziskus bei einem Besuch
im südkoreanischen KKottongnae am Samstag: Franziskus unterhält sich mit schwerbehinderten
Menschen und betet lange in einer Gedenkstätte für abgetriebene Kinder. Beim Gang
ins Behindertenheim folgt er den Regeln des Hauses und zieht sich die Schuhe aus.
An
die asiatische Jugend wendet sich der Papst mit dem Aufruf zu mehr gesellschaftlichem
Engagement: „Wacht auf! Habt keine Angst, die Weisheit des Glaubens in alle Aspekte
des gesellschaftlichen Lebens einzubringen!“, appelliert er am Sonntag bei der Abschlussmesse
des VI. Asiatischen Jugendtages in Haemi. Die christlichen Märtyrer seien hier
Bezugspunkt und „Trost“, so der Papst: Bei der Seligsprechung 124 koreanischer Glaubenszeugen
am Samstag in Seoul erinnert er an die Kraft des christlichen Erbes in Korea, das
bis heute Früchte trägt: Die Kirche sei in der Gesellschaft eine Gegenkraft zur Verzweiflung,
würdigt er das Engagement der Gläubigen, Laien und Kirchenvertreter. Er warnt aber
zugleich auch vor einer Verweltlichung der koreanischen Kirche: Diese dürfe der Versuchung,
Modelle und Denkweisen der Geschäftswelt zu übernehmen, nicht erliegen, unterstreicht
Franziskus vor Bischöfen am Donnerstag in Seoul.
Franziskus richtet sich
in Südkorea erstmals in seinem Pontifikat explizit an Staaten Asiens, zu denen
das Verhältnis des Heiligen Stuhles schwierig ist: Er hoffe auf einen Dialog „zum
Wohle aller“, wendet er sich am Sonntagmorgen in Haemi – es ist nur ein einziger Satz
in einer langen Rede über Dialog – an Staaten ohne Botschafteraustausch mit dem Heiligen
Stuhl, ohne jedoch einzelne Länder aufzuzählen. Zu solchen Staaten zählen etwa Vietnam,
Burma, Laos, Brunei, Bhutan und freilich auch Nordkorea und China. Anders als damals
Johannes Paul II. durfte Franziskus auf seinem Hinflug nach Südkorea China überfliegen;
auch der Volksrepublik sendet er auf seinem Rückflug per Telegramm „Segenswünsche“.
Die
Lage des geteilten Korea charakterisiert Franziskus auf seiner Reise als Teilung
einer eigentlich zusammengehörigen „Familie“. In seiner ersten Ansprache in Südkorea
vor der südkoreanischen Präsidentin würdigt er das politische Ringen um Frieden in
dem Land, ermutigt die Führungsliga in Nord und Süd aber zu weitergehenden Schritten
der „Versöhnung“: „Denn sie sind der einzig sichere Weg zu dauerhaftem Frieden.“ Koreas
Streben nach Frieden sei dem Heiligen Stuhl „ein Herzensanliegen, denn es wirkt sich
auf die Stabilität der gesamten Region und in der Tat auf unsere ganze kriegsmüde
Welt aus.“ Ein Dialog der verfeindeten Landesteile müsse über diplomatische Floskeln
hinausgehen, es brauche menschliche Offenheit und die Bereitschaft, Fehler einzugestehen,
betont Franziskus. Dabei müssten auch Argwohn und Konkurrenzdenken innerhalb der südkoreanischen
Gesellschaft überwunden werden, ergänzt er bei der großen Messe für Versöhnung
am Montag in Seoul.
Auf dem Rückflug nach Rom äußert sich der Papst zur
Lage im Nahen Osten: Er sei dazu bereit, den bedrängten Flüchtlingen in Kurdistan
persönlich beizustehen und schließt eine Reise dorthin nicht aus, sagt er vor Journalisten
und überrascht dabei womöglich auch das vatikanische Organisationskomitee. Angesichts
der zügellosen Gewalt der IS-Milizen im Irak bezieht Franziskus erstmals Position:
„Es ist legitim, den ungerechten Aggressor zu stoppen.“ Womit, sei „sorgfältig“ zu
überlegen, ergänzt der Papst, der sich keinen Alleingang der USA als vielmehr einen
Eingriff der Vereinten Nationen in der Region wünscht.