An der Grenze (Teil 1): Es wird immer schwieriger zu helfen
Der Konflikt zwischen
Nord- und Südkorea, die Grenze, ist der Hintergrund und vielfach auch der Auslöser
für viele andere Konflikte und Probleme auf der Halbinsel, er prägt damit auch die
Papstreise. In mehreren Teilen geht unser Korrespondent Pater Bernd Hagenkord diesem
Konflikt und verschiedenen Lösungsversuchen nach, um besser zu verstehen, was da um
den berühmten 38. Breitengrad herum passiert. Das ist der erste Teil einer Reportage
von der Grenze. Der zweite Teil folgt.
Man darf nicht auf die Politik warten,
dass sie Frieden schenkt, sondern müsse sich selber einsetzen, auch wenn dieser Einsatz
nur klein sei. Wie es das Motto der Papstreise ausdrücke: Arise and Shine, Auf und
werde Licht! Das sagt Pater Johannes Bosco Byeon Seung-sik (Pjön schn-schik), er arbeitet
für die Bischofskonferenz Koreas und ist ebenfalls Direktor der Päpstlichen Missionsgesellschaften
des Landes. Auf seinem Schreibtisch liegt das Fax aus Nordkorea, das sagt, dass es
niemandem aus dem Norden erlaubt wird, zum Papstbesuch in den Süden zu kommen.
Der
Hauptkonflikt auf der Halbinsel sei der zwischen dem Norden und dem Süden, dann aber
habe das auch Auswirkungen auf die Gesellschaft im Süden, selbst auf die Kirche. „Wir
brauchen Versöhnung“, so Pater Bosco.
„Die Nation ist zweigeteilt, wann
immer es Wahlen gibt teilt sie sich in Alt und Jung, Reich und Arm. Man will sich
nicht verstehen und nicht miteinander reden, man hat kein Interesse aneinander sondern
will nur wissen, auf welcher Seite man steht. Selbst in der Kirche wird man das gefragt:
Auf welcher Seite stehst du? Das ist die Art und Weise, wie hier Wirklichkeit gesehen
wird.“
Dahinter liegt natürlich der Konflikt mit dem Norden, wer über 60
Jahre lang den Feind an die Wand male, vergifte auch sich selber, wie man an den inneren
Konflikten sehen könne. Deswegen versuche sich die Kirche an Versöhnungsarbeit, man
habe sporadische Kontakte in den Norden, besuche den Norden auch vor allem mit Hilfsprogrammen,
hier sei die Caritas Korea Vorreiter.
Der Ablauf sei dabei immer derselbe,
man schiebe die Schuld auf den jeweils anderen.
Die Kirche im Norden Die
Regierungen bestimmen also den Rahmen. So hatte es in den 90er Jahren - gekrönt von
einem Friedensnobelpreis - eine Annäherung zwischen den beiden Koreas gegeben, „Sonnenschein-Politik“
wurde das genannt. Der Name wurde abgelöst von George W. Bushs’ Wort von der ‚Achse
des Bösen‘, zu der Nordkorea gezählt wurde, eine Zeit der neuen Konfrontation brach
an, auch gefüttert von den Atomtests der Diktatur im Norden.
Sonnenschein-Politik
und Achse des Bösen „Bei der ‚Sonnenschein-Politik‘ging
es um Geben und Nehmen. Und bekommen haben wir Frieden, eine friedlichere Umgebung,
sogar gegenseitiges Verstehen. Aber das liegt nun wie in einem Koma.“
Die
Kirche habe damals alles versucht, um zu helfen, heute funktioniere nichts mehr. Alles
was man könne, müsse man auch tun, denn die Menschen brauchten Hilfe, so Pater Bosco,
aber es scheine, als ob das die beiden Regierungen nicht kümmere. Dieser Gegensatz
gelte aber nicht nur für die Regierungen, sondern auch für die Menschen.
„Es
ist schwierig zu erklären. Alle Parteiungen in der Gesellschaft haben ganz rigide
Ansichten, über alles. Die älteren Menschen haben den Krieg noch erlebt und sie wollen
den Menschen im Norden nicht helfen, die seien die Bösen. Sie haben auch die Sonnenschein-Politik
nicht gemocht, alle Lebensmittel gehen eh nur an die Armee. Der Präsident habe sich
mit all dem den Nobelpreis gekauft und so weiter.“
Den Norden verstehen Dabei
helfen solche Positionen gar nicht, sagt Pater Bosco, man müsse pragmatisch sein.
Man müsse sich selber ändern, dann erst wandle man den Konflikt.
„Wir haben
Programme, die helfen, den Norden zu verstehen. Zum Beispiel ein Programm, bei dem
Menschen, die aus dem Norden geflohen sind, in Familien eingeladen werden. Die Menschen
haben richtig Angst vor denen, denn schon in der Schule wird uns beigebracht, dass
sie Mörder sein, die Bösen. Aber wenn man sich begegnet, dann versteht man sich auch
und versteht, dass man dasselbe Volk ist.“
Kein auch noch so kleiner Einsatz
sei Verschwendung, das seien alles Samen, die aufgehen würden, irgendwann. Pater Johannes
Bosco Byeon Seung-sik, Untersekretär der Bischofskonferenz Südkoreas.
Aus Seoul
Pater Bernd Hagenkord für Radio Vatikan.