Kardinal Schönborn: Mit Kraft der Barmherzigkeit Konflikte lösen
„Nur die Barmherzigkeit
kann der Flut des Bösen eine Grenze setzen.“ Diese auf den heiligen Papst Johannes
Paul II. zurückgehenden Worte sind die einzig sinnvolle Antwort auf Tragödien, die
Menschen in gegenwärtigen Konflikten wie in Syrien, im Irak, in der Ostukraine oder
als Missbrauchsopfer erleben, so Kardinal Christoph Schönborn über den bevorstehenden
„World Apostolic Congress on Mercy“ (WACOM; 15.-19. August). Barmherzigkeit, die „keine
billige Gnade ist“, sondern im Kontext von Wahrheit und Gerechtigkeit steht, ist das
Generalthema des internationalen Großkongresses im kolumbianischen Bogota, bei dem
der Wiener Erzbischof das Hauptreferat hält.
Kardinal Schönborn sagte am Mittwoch
in einem Kathpress-Gespräch, er sehe klarerweise große Notwendigkeit von Barmherzigkeit
im Blick auf Konflikte in Familien, und sein Ansatz seien hier „die Vergessenen“:
Kinder und die oder der „Zurückgelassene“ in einer gescheiterten Ehe. Der internationale
Barmherzigkeitskongress, der dritte nach Rom (2008) und Krakau (2011), werde auf diese
Frage auch wegen der im Oktober stattfindenden Familiensonderbischofssynode eingehen.
Aber der WACOM behandle insgesamt ein breites Spektrum von Themen. Der Wiener Erzbischof
erwähnte dazu gewaltsame Konflikte in Staaten und in urbanen Problemvierteln.
Grundsätzlich
stelle er sich die Frage - so Schönborn: „Was heißt Barmherzigkeit in einer Welt,
wo jeder strampeln und sich durchsetzen muss, um weiterzukommen?“ Könne „Barmherzigkeit
nur als Tugend der Schwachen“ realisiert werden? Dazu komme das Thema „Barmherzigkeit
und Wahrheit“. Hier denke er - so der Wiener Erzbischof - sehr stark an die Missbrauchs-Ereignisse
in Kirche und Gesellschaft. In den großen Konflikten wie Nahost oder Ukraine, wo die
Sprache des Hasses zu vernehmen ist, gehe es darum, eine Alternative zu finden und
als ersten Schritt zu hören, was die Bibel, das Evangelium, sage, wenn eine Situation
scheinbar ausweglos sei.
Hoffnungssignal im Bürgerkriegsland Kolumbien
Schönborn
erinnerte, dass auch das Gastland Kolumbien seit 56 Jahren Schauplatz eines hasserfüllten
Bürgerkriegs ist, der schon fünf Millionen Tote forderte. Aktuell gebe es im kubanischen
Havanna Friedensgespräche zwischen den FARC-Rebellen und der Regierung. Was erschütternd
sei, sei das Täter oder Opfer in fast jeder Familie zu finden seien. Der internationale
Barmherzigkeitskongress habe daher im Gastgeberland einen sehr hohen Stellenwert und
man erwarte sich konkrete Impulse für die eigene Situation.
Was Barmherzigkeit
in der lateinamerikanischen Lebensrealität bedeuten kann, werden beim WACOM in Bogota
zentrale Akteure des Friedensprozesses im von Bürgerkrieg gezeichneten Land skizzieren
- darunter Kardinal Ruben Salazar, ein in der Arbeit mit den Kriegsopfern beteiligter
Rechtsanwalt der Versöhnungskommission und eine Vertreterin der Opferverbände. Auf
dem weiteren Programm des Kongresses stehen Vorträge, Gebetsmomente, Gottesdienste
und Zeugnisse.
Kardinal Schönborn hält am zweiten Tag einen Vortrag über „Die
göttliche Barmherzigkeit - unser Auftrag“. Er wird am Abschlusstag zusätzlich ein
Resümee ziehen.