Migranten-Kardinal: „Europa soll sich an sein Versprechen halten“
Während die Weltgemeinschaft
auf die Entwicklungen im Gazastreifen oder in der Ostukraine schaut, ist die Aufmerksamkeit
auf das Flüchtlingsdrama auf dem Mittelmeer aus dem Blick geraten. Täglich versuchen
hunderte von Hilfesuchenden aus Nordafrika nach Europa zu reisen, meist unter sehr
prekären und unmenschlichen Bedingungen. Europa soll sein Versprechen gegenüber den
Migranten halten und seine Grenze so öffnen, dass Bedürftige aufgenommen werden können.
Daran erinnert im Gespräch mit Radio Vatikan der Präsident des Päpstlichen Rates für
die Migrantenseelsorge, Kardinal Antonio Maria Vegliò.
„Ich denke, dass
es ein großes Problem ist, dass täglich so viele Migranten ankommen und viele von
ihnen dabei ums Leben kommen. Jeder von uns kann jetzt denken, wir sind unschuldig,
weil wir nichts dafürkönnen, aber ein Gefühl von Scham und Unruhe sollte dies schon
in uns auslösen. Deshalb ist jeder dazu aufgerufen, sich um Migranten zu kümmern,
so wie es Papst Franziskus immer wieder betont. Von den Behörden ist vor allem eines
zu wünschen: eine bessere Koordinierungsarbeit, damit wir alle eine bessere, solidarische
und brüderliche Welt aufbauen können.“
Insbesondere die Europäische Union
müsse mehr für die Migranten tun, so Kardinal Vegliò.
„Zwar unternimmt Europa
viel für die Flüchtlinge, das dürfen wir nicht verkennen, aber mir scheint, dass das
Bewusstsein fehlt, wo die Grenzen der EU sind. Jeder denkt nämlich, die seinen bei
sich Zuhause, dem ist aber nicht so. Europa müsste die Möglichkeit bieten, dass ein
Migrant überall hingehen darf, wo er es für richtig hält.“
Dies sei im
Übrigen auch etwas, was die Europäische Union den südländischen Staaten versprochen
habe, fügt Vegliò an.
„Vonseiten der europäischen Staaten gab es immer wieder
das Versprechen, dass die Migranten in ihren Ursprungsländern eine Unterstützung erhalten
sollten. Bisher haben wir aber wenig davon gesehen. Eigentlich müssten wir doch daran
arbeiten, dass niemand gezwungen wird, auszuwandern. Ein zweites Versprechen war,
dass die Sicherheit der Überfahrten gewährleistet sein sollte. Dazu bedarf es humanitäre
Korridore, aber davon fehlt jegliche Spur. Und ein drittes nicht gehaltenes Versprechen
betrifft die Integration der Migranten in den Aufnahmeländern. Auch da gibt es noch
viel zu tun.“