2014-07-27 17:00:49

Österreich/Brasilien: Theologen über Machtmissbrauch in der Kirche


Zum möglichen Beitrag der Theologie für die Überwindung von Machtmissbrauch in Kirche und Gesellschaft haben in den vergangenen drei Jahren die Mitglieder eines weltweiten Netzwerks für katholische Theologie geforscht. Beim jüngsten Forschungskongress des „International Network of Societies for Catholic Theology (INSeCT)“ in Brasilien präsentierten führende Theologen aus allen Kontinenten nun die Ergebnisse. Die Delegierten aus 21 Ländern wählten im Rahmen der Konferenz den aktuellen Tiroler Serviten-Provinzial Martin Lintner für die kommenden drei Jahre zum neuen Präsidenten ihrer Vereinigung. Für die „Europäische Gesellschaft für Katholische Theologie“ nahm zudem der Ethiker Gunter Prüller-Jagenteufel von der Universität Wien teil.

Papst Franziskus ermutige die Katholiken, „bequeme Rückzugsorte zu verlassen und eine Kirche zu werden, die zu allen Menschen geht - ohne jede Ausnahme“, sagte der scheidende Präsident des internationalen Netzwerks, der Ire Eamonn Conway, bei der Tagung von 16. bis 20. Juli in Belo Horizonte. Insbesondere das Papstschreiben „Evangelii Gaudium“ biete Theologen einen „zeitgemäßen und herausfordernden Bezugspunkt“ für ihre Überlegungen zur Überwindung von Machtmissbrauch in Kirche und Gesellschaft, so Conway. Der Ansatz finde in vielen Ländern der Welt Beachtung, wo sich Theologen „dafür einsetzen, die Wunden der Vergangenheit zu heilen und die Freude am Evangelium wiederzuentdecken“.

Spannungsfeld für Theologen
Hauptreferenten des Kongresses waren der aus Österreich stammende Untersekretär der vatikanischen Bildungskongregation, P. Friedrich Bechina, und der Sekretär der Lateinamerikanischen Bischofskonferenz für Gerechtigkeit und Solidarität, der Columbanermissionar Peter Hughes.

Bechina hob dabei die Bedeutung der weltweit rund 700 Fakultäten, Hochschulen und Institute hervor, die auf den Gebieten der Theologie, Philosophie und der Bibelwissenschaften arbeiten. Sie leisteten mit ihrer Forschung und Lehre einen wesentlich Beitrag zur Gesellschaft und zur Mission der Kirche, betonte der vatikanische Bildungsexperte.

Nicht vermeiden lasse sich dabei eine gewisse Spannung zwischen der notwendigen Verwurzelung der Hochschulen in der Kirche sowie ihrer Verantwortung für den Glauben und der Suche nach neuen Antworten im Blick auf die Herausforderungen der Gegenwart, so Bechina. „Diese Spannung muss bestehen, wenn die reiche Tradition und Weisheit des Evangeliums und der katholischen Tradition für die Gegenwart fruchtbar werden soll.“

Auf die konkrete Situation in der brasilianischen Amazonas-Region, wo durch Bergbau, Abholzungen und große Staudamm-Projekte die Rechte der Indigenen verletzt und der Regenwald zerstört wird, ging CELAM-Sekretär Hughes ein. Er stellte bei dem Kongress ein neues Konzept von kirchlicher Mission vor, das auf die ökologische und soziale Katastrophe antworten soll. „Jede und jeder von uns hat Verantwortung zu übernehmen, sei es durch den Kampf gegen die Mega-Bauprojekte, sei es durch den Einsatz für die Menschenrechte der Bevölkerung Amazoniens oder auch einfach durch verantwortlichen Konsum von Energie und Rohstoffen“, sage Hughes.

Rolle von Frauen im Fokus
Thema des nächsten INSeCT-Kongresses, der 2017 in Westafrika stattfinden soll, werden neue theologische Ansätze zur Rolle der Frauen in Kirche und Gesellschaft sein. In den kommenden drei Jahren werden die im „Netzwerk Katholisch-Theologischer Gesellschaften“ zusammengeschlossenen Theologen in verschiedenen Kooperationen Forschungsprojekte durchführen und Tagungen abhalten, die zur Verbesserung der Situation der Frauen in der modernen Welt beitragen sollen.

Das Theologen-Netzwerk greift damit eine entsprechende Anregung aus „Evangelii Gaudium“ auf. Unter aktuellen globalen Herausforderungen wie Armut, Umweltzerstörung, Gewalt und Krieg sowie Menschenrechtsverletzungen aufgrund von Ethnie, Religion und Geschlecht hätten stets Frauen am meisten zu leiden, wurde bei der Tagung in Brasilien betont. Gleichzeitig würden die Stimmen von Frauen zu diesen Themen am wenigsten gehört, eine Diskriminierung die überwunden werden müsse.

Das „International Network of Societies for Catholic Theology (INSeCT)“ ist ein weltweiter Zusammenschluss von 35 Gesellschaften für Katholische Theologie. Gegründet wurde das Netzwerk insbesondere zur Unterstützung der Katholischen Theologie im globalen Süden 1996 durch den deutschen Dogmatikprofessor Peter Hünermann. Der Südtiroler Martin Lintner ist der zweite Präsident aus dem deutschen Sprachraum.

(kap 27.07.2014 mg)







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