Weltbevölkerungstag: Nachhaltigkeit für 7,2 Milliarden Menschen
Es ist Freitag, der 11. Juli 2014. Rund 7,2 Milliarden Menschen umfasst die Weltbevölkerung
an diesem Tag. Wir werden jedes Jahr mehr: Die UNO rechnet im Zeitraum bis 2015 mit
einem Bevölkerungswachstum von rund 78 Millionen Menschen pro Jahr. Eines Tages wird
die Menschheit nach Ansicht vieler Fachleute vor einem unüberwindbaren Missverhältnis
stehen: zu viele Menschen, zu knappe Ressourcen. Wachstum macht Angst – das Wachstum
gewissermaßen auf der falschen Seite, das Wachstum der Bevölkerung. Mehr von Katharina
Pfadenhauer.
Um stärker auf die Probleme der steigenden Zahl von Menschen
auf unserem Planeten aufmerksam zu machen, rief das Entwicklungsprogramm der Vereinten
Nationen den 11. Juli zum Weltbevölkerungstag aus. Setzt sich der derzeitige Anstieg
der Weltbevölkerung weiter in dieser Form durch, würden nach UNO-Schätzungen im Jahr
2050 gut neun Milliarden Menschen auf der Erde leben.
Was bedeutet das?
Viele
Wirtschaftswissenschaftler hegen in diesem Zusammenhang vor allem Zweifel an einem
weiter grassierenden Zwang zum Wirtschaftswachstum. Die Weltwirtschaft müsse nicht
wachsen, sondern schrumpfen, sagt zum Beispiel Niko Paech. Er ist Professor für Produktion
und Umwelt an der Universität Oldenburg. Das Problem einer ständig weiter wachsenden
Wirtschaft bei einer gleichzeitig wachsenden Weltbevölkerung stellt er folgendermaßen
dar: Die wachsende Nachfrage der Aufsteigernationen wie China und Indien führt zu
einer Ressourcenverknappung, beispielsweise von Öl. Die daraufhin zu erwartende Verteuerung
der Ressource bezeichnet er als „Peak Oil“. Dieses Phänomen lässt sich dann auf alles
andere übertragen und weitet sich unweigerlich auf ein „Peak Everything“ aus.
Auch
Papst Franziskus positionierte sich in der Vergangenheit immer wieder gegen die Auswüchse
des Kapitalismus und prangerte an, das Wirtschaftssystem stünde nicht im Dienste der
Menschheit, sondern umgekehrt. „Diese Wirtschaft tötet“, formulierte er in seinem
apostolischen Lehrschreiben „Evangelii Gaudium“. Das weltweite Wirtschaftssystem sei
nannte er „unerträglich“. „Solange die Probleme der Armen nicht von der Wurzel her
gelöst werden, indem man auf die absolute Autonomie der Märkte und der Finanzspekulation
verzichtet und die strukturellen Ursachen der Ungleichverteilung der Einkünfte in
Angriff nimmt, werden sich die Probleme der Welt nicht lösen“, äußerte sich der Papst
im November vergangenen Jahres in seinem sozialkritischen Schreiben.
In einem
kürzlich erschienenen Interview mit der spanischen Zeitung „La Vanguardia“ betonte
er zudem die Absurdität einer Welt, die das Geld in den Mittelpunkt gerückt hat: „Wenn
man Fotos von unterernährten Kindern aus verschiedenen Teilen der Welt sieht, kratzt
man sich am Kopf. Das versteht man nicht.“
Eine Lösung für dieses Problem schlägt
Niko Paech vor, wenn er von seiner „Postwachstumsökonomie“ redet. Damit ist eine Wirtschaft
gemeint, die ohne Wachstum des Bruttoinlandprodukts auskommt und dennoch stabile Versorgungsstrukturen
hat. Demnach müssten die Menschen irgendwann dazu übergehen, weniger zu arbeiten
und stattdessen mehr Zeit damit verbringen, Tauschbörsen zu organisieren, Lebensmittel
anzubauen und Dinge zu reparieren, damit diese länger halten. Kerngedanke ist also
ein anderer Umgang mit Waren, das, was mit dem Stichwort „Nachhaltigkeit“ gemeint
ist.
Anfang dieses Jahres war Paech beim Neujahrsempfang des Bistums Bamberg
geladen; Erzbischof Ludwig Schick fördert als Weltkirche-Beauftragter der Deutschen
Bischofskonferenz wirtschaftspolitische Ansätze, die auf Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit
zielen. Schick warnte ebenfalls vor der Idee einer endlos wachsenden Wirtschaft und
rief stattdessen zur „Globalisierung des Glücks“ auf. Glück ist – dem Bamberger Erzbischof
zufolge - in der von Wohlstand geprägten westlichen Welt Mangelware geworden.
Der
Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki-moon, sagte anlässlich des heutigen
Weltbevölkerungstags: „Eine Welt mit sieben Milliarden Menschen ist sowohl eine Herausforderung
als auch eine Chance mit Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit, Verstädterung, den Zugang
zu einer Gesundheitsversorgung und der Jugendförderung.“