Vatikan: Tagung zu Weltgemeinwohl und Wirtschaft, die tötet
Wirtschaft, die Menschen
ausschließt, tötet – mit diesem Zitat hatte Papst Franziskus im vergangenen November
viel Aufsehen erregt und auch Widerspruch geerntet. Was genau diese Einsicht und andere
Einsichten des Papstes für Ökonomie und Politik bedeuten, damit beschäftigt sich im
Vatikan ab diesem Freitag ein Kongress. Die Tagung steht unter dem Titel „The Global
Common Good: Towards a more Inclusive Economy”, Das Weltgemeinwohl – auf dem Weg zu
einer inklusiven Wirtschaft”. Das Schreiben „Evangelii Gaudium“ von Papst Franziskus
öffne anregende Perspektiven, diese müssten aber vertieft und in die ökonomische und
politische Welt übersetzt werden. So beschreibt Erzbischof Mario Toso, Sekretär des
Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden, die Absicht dieses Kongresses.
„Weil
es stark verzerrende Interpretationen gibt bis dahin, dass man dem Papst Marxismus
vorwirft, ist es nötig, eine Wirtschaft zu entwickeln, die Menschen einschließt, nicht
ausgrenzt. Das bedeutet nicht die Ablehnung der Marktwirtschaft, sondern ihre Wertschätzung.
Wir müssen erklären, dass die „Wirtschaft, die tötet“ nicht die gesamte Wirtschaft
ist, sondern die, welche das Geld vergöttert und die Arbeit für eine von den Finanzmärkten
abhängige Größe hält.“
An dem Kongress nehmen Vertreter internationaler
Organisationen genauso teil wie Wissenschaftler und Mitarbeiter großer Konzerne. Das
zeige ein generelles Interesse an diesen Fragen, die der Papst in ‚Evangelii Gaudium‘
und anderswo geäußert habe, ein Interesse das nicht auf die Kirche beschränkt sei.
Die Stimme des Papstes werde gehört, so Toso.
„Es ist eine Stimme, die die
Stimme der Menschen aufnimmt und die Nöte der ganzen Menschheitsfamilie. Sei es in
Wirtschaftsfragen, sei es in der Frage des Friedens, der nachhaltigen Entwicklung:
All diese Fragen sind voneinander abhängig. Deswegen braucht es eine umfassende Vision
für alle Probleme und alle Faktoren. Gleichzeitig müssen die Handelnden in diesem
wirtschaftlichen, sozialen und politischen Feld ausgebildet werden, das umzusetzen
und die große Verantwortung für das Gemeinwohl und für die soziale Gerechtigkeit
umzusetzen.“
Zuerst müsse man sich deswegen über die Faktoren der Globalisierung
unterhalten, so Erzbischof Toso. Diese habe arme und reiche Länder näher zueinander
gebracht, gleichzeitig seien aber auch die Ungleichheiten zwischen einzelnen Bevölkerungsteilen
stark angestiegen. Beide Phänomene seien Kinder derselben Revolution.
„Wir
leben einen langfristigen Übergang, verheißungsvoll aber auch komplex, in dem wir
von der alten, von Nationaldenken bestimmten, zu einer neuen Welt übergehen, in der
immer mehr als gesamte Menschheitsfamilie gedacht wird. Fragen der Wirtschaft sind
hier nur eine der Dimensionen der Probleme heute. Die Erzeugung wirtschaftlicher Werte
muss mit nachhaltiger Umweltverträglichkeit verkoppelt sein, zur Wirtschaft tritt
die Umwelt. Dann gibt es die Finanzkrise und den Zusammenhang mit dem Wohlstand. Hier
geht es um Zufriedenheit im Leben, weltweit.“
All das wird ab diesem Freitag
im Vatikan vor siebzig Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus der ganzen Welt debattiert.
Veranstalter sind der Päpstliche Rat für Gerechtigkeit und Frieden und das Vatikanische
Staatssekretariat.