Israel und Palästina
leben in Dauerspannung, Militäraufmarsch auf der einen Seite, Raketen auf Israel auf
der anderen. Im Augenblick ist weder den Beteiligten noch den Beobachtern klar, wie
die jüngste Gewalt enden wird. Jetzt will sich auch US-Präsident Barack Obama als
Vermittler einschalten, um die Gewalt zu unterbinden und die Menschen zurück zum komplizierten
Friedensprozess zu bringen.
Das Heilige Land folgt einer zynischen Logik. So
beurteilt Benediktinerpater Nikodemus Schnabel in Jerusalem. Er lebt in der Dormitio-Abtei
in Jerusalem, direkt an der Altstadtmauer. Statt mit dem komplizierten Friedensprozess
zu leben, herrschen einfache Hassmuster; unter den Opfern sind auf beiden Seiten Christen,
registriert der junge Benediktiner. Das Domradio hat ihn gefragt, ob damit die Friedensbemühungen,
etwa die von Papst Franziskus mit den Friedensgebeten, zunichte sind.
„Viele
empfinden das so, mir geht es ähnlich. Man ist auf einmal wieder zurückversetzt in
den November 2012. Man hat das Gefühl alles, das alles hat zu nichts geführt. Man
ist wieder bei einem neuen Gaza-Konflikt, bei einer neuen Auseinandersetzung. Ja,
viele moderate Kräfte sind wirklich resigniert, denn eigentlich war die Hoffnung in
den letzten Wochen gewachsen. Gerade auch durch die Initiative des Papstes, durch
dieses Friedensgebet, wo auf einmal Unmögliches möglich schien.“
Die Vorfälle
hätten „eine gewisse zynische Logik, so Pater Schnabel weiter. Denn:
„Es
gibt auch eine gewisse Erleichterung, gerade auf extremistischer Seite, denn jetzt
ist man wieder das, was man kennt: Man kann wieder seine alte Hassplatte auflegen,
die Welt ist einfach zu verstehen, es gibt weiß und schwarz, und man weiß, wer die
Freunde und die Feinde sind… Die eine Seite kann wieder ihren Antisemitismus hervorholen
und die andere Seite ihre Islamphobie. Man hat das Gefühl, es ist auch viel einfacher
so zu leben als mit diesem komplizierten Friedensprozess, der ja voraussetzt, dass
ich anerkenne, dass der andere auch leidet, dass der andere auch Opfer ist, dass ich
eventuell Zugeständnisse machen muss. Diese radikale Einstellung ist viel einfacher,
aber leider kein guter Weg zum Frieden.“
Der Konflikt wird medial dominiert
vom Gegensatz Juden gegen Muslimen, aber es gibt ja auch noch die Minderheit der Christen,
auch die sind Betroffen von der Gewalt beider Seiten.
„Im Gaza-Streifen
leben Christen, es gibt christliche Palästinenser und sie zittern jetzt genauso mit
ihren muslimischen Mitbürgern vor den Angriffen der israelischen Luftwaffe. Es gab
2012 Schäden an kirchlichen Einrichtungen, auch christliche Tote. Wenn man auf die
andere Seite schaut, wohin die Raketen abgefeuert werden, in den Süden Israels, das
ist ein Siedlungsgebiet, wo sehr viele Christen leben, nämlich hebräisch sprechende
Christen und auch sehr viele Flüchtlinge aus dem Südsudan, aus Eritrea, aus Äthiopien,
die auch Christen sind. Sie zittern mit ihren jüdischen Mitbürgern jetzt vor den Raketen.“
2012
war es das letzte Mal zu offener Gewalt größeren Ausmaßes gekommen, israelische Truppen
waren im März des Jahres in den Gaza-Streifen eingerückt, um die zunehmenden Angriffe
von dort vor allem durch Raketen zu unterbinden. Vor dem Hintergrund dieses Szenarios
warnt Pater Nikodemus vor den Folgen des aktuellen Konflikts:
„Christen
zittern und leiden auf beiden Seiten. In ihrem Namen möchte ich sagen: Hört auf! Hört
auf mit dieser sinnlosen Gewaltspirale. Das hat dieses Land schon seit Jahrzehnten
immer wieder versucht und es hat sich wirklich erwiesen: So kann man keinen Frieden
machen! Es gibt keine echte Alternative zum Dialog. Ich hoffe, dass die Waffen bald
wieder schweigen und die Menschen wirklich wieder die normale Kommunikation, den normalen
Dialog suchen.“
Israel beruft in diesen Tagen Reservisten ein und droht
offen mit einer großen Bodenoffensive, während immer weiter Raketen unter anderem
auf den Großraum Jerusalem niedergehen.
„Im November 2012 war ein ähnliches
Szenario. Es gab ja eine Woche lang Bombardements des Gaza-Streifens und auch diese
Vorbereitung. Es gab damals keine Bodenoffensive, sondern das war mehr eine Art Zeigen
der Folterinstrumente und ein lautes Fragen an die Hamas und die internationale Gemeinschaft:
Wollen wir wirklich eine derartige Eskalation? Ich hoffe, dass es diesmal auch eine
Form von Kriegsrhetorik ist. Ich hoffe und bete dafür, dass es nicht zu einer Bodenoffensive
kommt.“