Papst zum Coelestin-Jubiläum: „Barmherzigkeit Gottes erneuert die Welt“
In Wirtschaft und
Politik muss immer der Mensch im Mittelpunkt stehen. Das forderte Papst Franziskus
zum Abschluss seines Besuchs in der italienischen Region Molise. Die Suche nach einer
gerechteren Welt sei keine Träumerei oder Illusion. Die christlichen Ideale von Barmherzigkeit
und Nächstenliebe seien vielmehr die Kraft für eine gerechtere Wirtschaftsordnung,
so der Papst bei einer Ansprache vor der Bevölkerung Isernias. In dem Ort eröffnete
Franziskus am Samstagabend ein Jubiläumsjahr zu Ehren des Papstes Cölestin V., der
1294 aus freien Stücken zurücktrat. Pietro del Morrone, wie Cölestin mit bürgerlichem
Namen hieß, kam in dem Ort Isernia zur Welt.
„Es gibt eine starke Botschaft,
die mich sehr berührt hat, wenn ich an das Erbe des heiligen Cölestin V. denke. Er
hat wie der heilige Franz von Assisi einen starken Sinn für die Barmherzigkeit Gottes
gehabt und war davon überzeugt, dass die Barmherzigkeit Gottes die Welt erneuern kann.“
Cölestin
V. und Franz von Assisi seien Männer ihrer Zeit gewesen und wussten, was es hieß,
in Armut zu leben, so der Papst weiter. Sie seien zwei Kirchenmänner gewesen, die
sich den „einfachen Menschen“ sehr nah fühlten.
„Doch sie gaben nicht nur
gute Ratschläge oder sprachen tröstende Worte. Sie begannen zuerst bei sich selber
und wählten ein Leben „gegen den Strom“. Sie hatten entschieden, sich völlig der göttlichen
Vorsehung hinzugeben und ihr zu vertrauen. Und weiter hat mich bei diesen Persönlichkeiten
beeindruckt, dass sie ein starkes Gefühl für die Mitmenschen hatten und sich dazu
verpflichtet fühlten, dem Volk das größte Geschenk zu mitgeben, das man überhaupt
schenken kann, den größte Reichtum: die Barmherzigkeit des Vaters, die Vergebung.“
Der
Papst zitierte die Stelle im „Vater unser“, in der es um die Vergebung geht. Den Schuldigen
zu vergeben sei nicht einfach ein „frommer Akt“ sondern mehr, so der Papst:
„Die
Barmherzigkeit ist die Verheißung einer neuen Welt, in der die Güter der Welt und
die Arbeit gerecht verteilt sind und jeder das Nötige zum Leben hat. Denn die Solidarität
und das Miteinanderteilen sind die konkreten Folgen der Brüderlichkeit.“
Der
Papst rief die Menschen auf dem Platz vor der Kathedrale von Isernia auf, eine „neue
Bürgerschaft“ aufzubauen, die sich an jenen Werten orientierten, die Coelestin V.
und Franz von Assisi prägten. Mit dem Coelestin-Jubiläum, das der Papst offiziell
eröffnete, werde das „Tor der göttlichen Barmherzigkeit“ geöffnet.
„Damit
ist nicht eine Flucht oder ein Ausbruch aus der Wirklichkeit und ihrer Probleme gemeint,
nein, das ist es nicht. Es ist eine Antwort, die von der Frohen Botschaft herkommt:
die Liebe als reinigende Kraft der Gewissen, Kraft der Erneuerung der sozialen Beziehungen,
Kraft der Schaffung einer neuen Wirtschaft, in der die Menschen, die Arbeit, die Familie
und nicht das Geld und der Profit im Mittelpunkt stehen.“
Ein Christ sei
kein Narr, der eine „Oase außerhalb der Welt“ schaffe, so der Papst. Da der Mensch
Sünder ist, gebe es immer die Gefahr, vom Weg der Vorsehung abzudriften. Deshalb sei
es wichtig, sich gegenseitig zu unterstützen.