Irak: Die Christen verlieren das Vertrauen in ihr Land
Die Bedrohung durch
Islamisten im Irak wächst: Nach der Einnahme von Mossul, der zweitgrössten Stadt des
Landes, berichten internationale Medien nun von der Bedrohung auch der Hauptstadt
Bagdad. Die Kirche setzt auf die Einheit des Irak, der chaldäische Patriarch Louis
Raphaël I. Sako veröffentlichte an diesem Donnerstag einen entsprechenden Aufruf.
Er fordert die Bürger des Landes auf, sich von den sektiererischen Unruhen, die das
Land erschüttern, nicht verängstigen zu lassen. „Wir glauben”, so der Patriarch wörtlich,
„dass eine Regierung der Nationalen Einheit die beste Lösung für diese Art von Problemen
wäre, da sie zu einer Konsolidierung der staatlichen Kontrolle und des Rechtsstaates
beitragen würde, damit das Land, die Bürger und ihr Eigentum geschützt werden und
die Einheit des Landes erhalten bleibt.” Doch von einer Regierung der Nationalen Einheit
ist der Irak im Moment noch um einiges entfernt; auch anderthalb Monate nach der Parlamentswahl
hat Präsident Nuri al-Maliki noch keine Regierung zu bilden vermocht.
In der
aktuellen Situation wisse man gar nicht genau, was alles passiere und noch passieren
werde, berichtet der Sprecher des Patriarchen, Albert Hisham, gegenüber Radio Vatikan.
Die Armee und die Polizei seien aus der Provinz Ninive geflohen, der Staat habe die
Kontrolle verloren.
„Wir haben alle diese Angst: Was wird die Zukunft des
Irak und der Christen im Irak sein? Mit diesen Ereignissen, die sich immer und immer
wiederholen, verlieren die Christen das Vertrauen in ihr Land, in die Regierung. Wir
haben Angst vor der Emigration, aber so viele von uns wollen weg! Der Appell des Patriarchen
richtet sich da an alle, die etwas unternehmen wollen, die vorangehen wollen mit dem
Projekt der nationalen Einheit des Landes, damit wirklich alle in einem Klima der
Geschwisterlichkeit leben können.“
Für Mossul sei es allerdings bis auf
weiteres vorbei mit dem Klima der Geschwisterlichkeit, räumt Pater Albert ein. Niemand
könne in die Stadt, und die meisten Christen seien in die umliegenden Dörfer geflohen.
Das Christentum drohe durch den Vormarsch der Terror-Gruppe „Islamischer Staat im
Irak und Syrien“, ISIS, vollständig verdrängt zu werden. Ausgerechnet in der Provinz
Ninive hatten sich viele Christen in den letzten Jahren angesiedelt, nachdem sie aus
Bagdad und Umgebung vertrieben worden waren.