2014-06-11 11:43:14

Irak: Düstere Zukunft in Mossul


RealAudioMP3 Die wenigen Christen im irakischen Mossul fürchten um ihre Zukunft. Das sagt gegenüber Radio Vatikan der frühere syrisch-katholische Bischof der zweitgrößten irakischen Stadt, Basilios Gregorius Casmoussa. Dschihadisten brachten am Dienstag Mossul und eine ganze Provinz unter ihre Kontrolle. Die Regierung in Bagdad schaut machtlos zu - und bittet um Militärhilfe. Alt-Bischof Casmoussa lebt seit einiger Zeit im Libanon, hält aber weiterhin engen Kontakt mit seinen Bekannten in Mossul.

„Eine solche Eroberung geschieht nicht von heute auf morgen! Da gab es schon seit Wochen blutige Kämpfe, Zerstörungen und vor allem viel Diebstahl. Die Menschen in Mossul mussten schliesslich dem Druck der Kämpfer nachgeben. Wir hatten früher schon solche Szenen erlebt, aber diesmal – wie mir Freunde in Mossul sagen – ist es besonders schlimm. Auch jene, die noch optimistisch sind, räumen ein, dass es diesmal sehr ernst ist.“

Nach Falludscha ist das von Sunniten, Christen und Kurden besiedelte Mossul seit Januar bereits die zweite Großstadt, die in die Hände der sunnitischen Dschihadisten gefallen ist.

„Das akzentuiert noch weiter die Spannungen, die es in der irakischen Gesellschaft gibt. Mossul und die gesamte umliegende Region galt bisher immer als sehr kritisch gegenüber Machthabern, weil hier viele Minderheiten lebten. Gerade die christliche Minderheit war immer sehr kritisch, aber auch sehr angesehen. Ich habe nun gehört, dass kurdische Soldaten nach Mossul aufbrechen, um Christen zu beschützen. Ich zweifle daran, dass hier mittelfristig eine friedliche Situation herrschen wird.“

Der sunnitisch-schiitische Konflikt, der seit der amerikanischen Eroberung Bagdads 2003 die Region spaltet, hat mit dem Fall der Vielvölkerstadt einen neuen Höhepunkt erreicht, so Casmoussa. Aber auch der Konflikt in Syrien dürfte von der Übernahme von Iraks zweitgrößter Stadt durch Dschihadisten negativ beeinflusst werden. Zur Erinnerung: Mossul liegt nur siebzig Kilometer von der syrischen Grenze entfernt. Von Mossul aus könnten also Kämpfer und Waffen ins benachbarte Krisenland ziehen.

Erzbischof Nona „entsetzt“
Die Dschihadisten-Gruppe ist berüchtigt durch Kreuzigungen von Christen und Massenexekutionen. Mossul war eines der Zentren der chaldäischen Christen. In einem Telefonat mit dem römischen Missionspressedienst „AsiaNews“ sagte Erzbischof Shimoun Nona am Mittwoch, die Christen seien auf der Flucht, ebenso wie viele Muslime. Nona appellierte auch dringend um Hilfe für die Flüchtlinge, weil die Versorgung mit Lebensmitteln und Wasser ans Ende komme; innerhalb von zwei, drei Tagen werde auch in der Stadt Mosul die Versorgung zu Ende sein, so der Erzbischof. Waren des täglichen Bedarfs seien „nirgendwo zu finden“.

(rv/faz/asianews 11.06.2014 mg)







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