2014-05-29 12:49:17

Afrika: „Wirtschaftswachstum kommt nicht bei Bevölkerung an”


RealAudioMP3 Das Wirtschaftswachstum in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara ist beträchtlich – aber es kommt bei vielen Menschen nicht an. Das sagt die Direktorin des Internationalen Währungsfonds Christine Lagarde im Gespräch mit Radio Vatikan. Der IWF prognostiziert den Ländern südlich der Sahara für dieses Jahr ein Wachstum von 5,5 Prozent. Christine Lagarde:

„Die Lage in Afrika hat sich verändert. Sie ist übergegangen von der notwendigen Stabilisierung auf die aktuelle Debatte über Wachstum. Aber welches Wachstum? Zu wessen Nutzen? Zunächst stellen wir die erzielten Fortschritte fest: Die Armutsrate im Afrika südlich der Sahara ist um zehn Prozent gesunken, seit die Millenniumsziele verabschiedet wurden. Doch gleichzeitig ist die extreme Armut gleich geblieben. Auf makroökonomischer Ebene ist die Lage eher stabil für die Länder der Gegend, wenn wir auf Faktoren wie Budgetdefizit und Handelsbilanz schauen, und die Wachstumsaussichten sind gut.“

Lagarde sieht jetzt die einzelnen Länder in der Pflicht.

„Jetzt müssen die Länder und die afrikanischen Autoritäten entscheiden, auf welche Weise sie dieses Wachstum organisieren wollen: ob sie, wozu wir raten, das ,inklusive‘ Wachstum vorantreiben wollen, ein Wachstum also, von dem der größtmögliche Teil der Bevölkerung profitiert – und welche Mittel sie dazu benutzen wollen. Wir wissen, dass es unter diesen Bedingungen möglich ist, Armut und sogar extreme Armut im Afrika südlich der Sahara zu vermindern.“

Der Internationale Währungsfonds musste sich schon des Öfteren gegen Kritik verteidigen, den Volkswirtschaften teure ökonomische Marschrouten zu verordnen, die zu Verarmung und Arbeitslosigkeit führen. Kritik, die Christine Lagarde nicht gelten lässt.

„Dieser Vorwurf zielt auf den Währungsfonds, wie er einmal war. Das ist nicht der Währungsfonds von heute. Heute sorgt sich der IWF sehr um die Folgen der Programme, die gemeinsam mit den afrikanischen Autoritäten abgestimmt werden. Wenn man Länder vergleicht, die ein Programm des IWF durchlaufen, und andere, die das nicht tun, sieht man, dass die Teilnehmerländer im Schnitt 20 Prozent mehr öffentliche Gelder in Bildung und 40 Prozent mehr in das Gesundheitssystem stecken als die anderen. Vielleicht sind solche Programme schmerzhaft im Augenblick ihrer Einführung, aber zumindest führen sie zu einer guten Verwendung öffentlicher Gelder.“

Viele afrikanische Länder stützen sich in ihrem ökonomischen Wohlergehen auf nur wenige Sektoren, etwa Landwirtschaft oder Erdöl. Eine solche Wirtschaftsstruktur birgt erhebliche Risiken, etwa bei Missernten. Um ein nachhaltigeres Wachstum zu erzielen, rät Christine Lagarde:

„Länder, die viele natürliche Ressourcen haben, sollten dazu übergehen, sie besser zu nutzen. Der zweite Imperativ ist, alle Ressourcen in den Blick zu nehmen: Bodenschätze und Bevölkerung, Transport, Infrastruktur und so weiter, und festzulegen, wo die Auffächerung der Wirtschaft nützlich sein kann. Ein Beispiel: Es lohnt sich nicht, die Auffächerung der Wirtschaft zu betreiben, wenn dann keine Infrastruktur vorhanden ist und keine Energie, um zu produzieren. Einige Länder wie Uganda oder Tansania haben bereits begonnen, solche Praktiken zu beherzigen.“

(rv 29.05.2014 gs)








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