Fliegende Pressekonferenz: Papst spricht über Missbrauch, Nahost und Reisepläne
Papst Franziskus ist
von seinem dreitägigen Besuch im Nahen Osten nach Rom zurückgekehrt. Am späten Montagabend
kurz vor 23.00 Uhr landete er mit einer Sondermaschine der israelischen Fluggesellschaft
El Al auf dem römischen Flughafen Ciampino. Damit endet die zweite Auslandsreise von
Papst Franziskus.
Nach seiner dreitägigen Nahost-Reise hat Franziskus während
des Rückflugs von Tel Aviv am Montagabend vor mitreisenden Journalisten zu verschiedenen
Themen Stellung bezogen. Dabei ging er u.a. auf die Themen Kindesmissbrauch durch
Geistliche, den Zölibat, den Rücktritt seines Vorgängers Benedikt XVI. und Reisepläne
für 2015 ein. Das Gespräch dauerte gut 40 Minuten. Bereits im vergangenen Jahr hatte
Franziskus auf dem Rückflug vom Weltjugendtag in Rio de Janeiro eine stundenlange
„fliegende Pressekonferenz“ gegeben.
Gebet für den Frieden, „keine Verhandlungen“ Mit
Blick auf das geplante gemeinsame Friedensgebet von Israels Staatspräsident Schimon
Peres und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas mit dem Papst hob dieser hervor, dass
es bei der Initiative nicht um Verhandlungen gehe. Die Begegnung solle ein Gebet für
den Frieden sein. Abbas und Peres hätten den „Mut, einen Schritt nach vorn zu gehen“,
lobte der Papst. Ein genaues Datum für die Begegnung stehe noch nicht fest, so der
Papst. Franziskus hatte die Initiative am Sonntag überraschend am Ende seiner Messe
in Bethlehem angekündigt. Die Vatikanzeitung „L´Osservatore Romano“ nannte unterdessen
den 6. Juni als Datum und berief sich dabei auf den Stab von Abbas. Ursprünglich war
das Friedensgebet bereits für die Heilig-Land-Reise von Franziskus geplant; das Vorhaben
sei jedoch an organisatorischen Problemen gescheitert.
Papst reist nach
Sri Lanka und auf die Philippinen Papst Franziskus will im Januar die 2004
vom Tsunami heimgesuchte Region der Philippinen besuchen. Das kündigte er auf dem
Rückflug von seiner Heilig-Land-Reise am Montagabend vor mitreisenden Journalisten
an. Demnach will sich der Papst Anfang 2015 zunächst zwei Tage auf Sri Lanka aufhalten
und dann für vier Tage auf den 2004 von der verheerenden Naturkatastrophe heimgesuchten
Inselstaat weiterreisen. Auch für dieses Jahr steht noch eine Asien-Reise auf dem
Reiseprogramm des Papstes. Im August nimmt Franziskus in Südkorea am asiatischen Jugendtag
teil. In der Hauptstadt Seoul will er auch eine Seligsprechung von Märtyrern vornehmen.
Messe
mit Missbrauchsopfern Der Papst kündigte weiter einen Gottesdienst mit
Opfern sexuellen Missbrauchs im Vatikan an. Er habe die Gruppe zu einer Messe in die
Kapelle des Gästehauses Santa Marta eingeladen. Nach dem gemeinsamen Gottesdienst
wolle er sich mit ihnen in privaten Gesprächen über ihre Erfahrungen unterhalten,
sagte Franziskus. Auch der Vorsitzende der vatikanischen Kinderschutzkommission, Kardinal
Sean Patrick O'Malley, werde an der Begegnung teilnehmen, die demnächst stattfinden
soll. Pädophile Übergriffe seien ein großes Problem, bei dem die Kirche eine Null-Toleranz
fahre, bekräftigte der Papst. „Sexueller Missbrauch ist ein schreckliche Straftat,
weil ein Geistlicher, der so etwas tut, Verrat begeht am Leib des Herrn. Das ist wie
eine satanische Messe”, so Franziskus. Gegen drei Bischöfe werde derzeit wegen pädophiler
Übergriffe ermittelt, einer sei bereits verurteilt worden. Es gebe für die Beschuldigten
„keine Privilegien“.
Kurienreform geht voran Mit dem bisherigen
Gang der von ihm auf den Weg gebrachten Kurienreform ist Franziskus zufrieden. In
der ersten Juliwoche solle eine weitere viertägige Versammlung des zuständigen Beratergremiums
von Kardinälen, des sogenannten „K8-Rates“, stattfinden, so der Papst. Danach träfen
sich die acht Kardinäle erneut im September für vier Tage. Dem Gremium gehört auch
der Münchner Kardinal Reinhard Marx an. Auf den bisherigen Tagungen befasste sich
der Rat unter anderem mit der Bischofssynode, vatikanische Finanzorganisationen und
den Kongregationen.
Zölibat ist „Geschenk“ Den Zölibat verteidigte
Franziskus während seiner Fragerunde. Unverheiratete Priester seien ein Geschenk an
die Kirche, das er schätze, und kein Glaubensdogma. Zwar seien die Türen für eine
Diskussion offen, derzeit stünden jedoch für die Kirche andere Themen mehr im Mittelpunkt.
Er erinnerte daran, dass die zur katholischen Kirche gehörenden Ostkirchen die Tradition
der verheirateten Priester kenne würden und dies ein Reichtum sei.
Seligsprechung
für Pius XII. stagniert Auch auf das Seligsprechungsverfahren für Pius
XII. ging der Papst ein. Dieses tritt nach Franziskus‘ Worten derzeit auf der Stelle.
Es fehle ein Wundernachweis. Der Prozess für den Weltkriegspapst sei nicht blockiert;
er sei vielmehr offen. Der Seligsprechungsprozess für Pius XII. wird vor allem von
jüdischer Seite kritisiert. Die Gegner des 1965 eröffneten Verfahrens werfen dem Papst
vor, zum Holocaust geschwiegen zu haben. Im Dezember 2009 hatte das Verfahren für
Pius XII. mit der Zuerkennung des heroischen Tugendgrades eine erste entscheidende
Hürde genommen.
Benedikt XVI. setzte neuen Maßstab Auch über
seinen Vorgänger Benedikt XVI. sprach der Papst. Benedikt habe mit seinem Rücktritt
ein Zeichen für kommende Päpste gesetzt, sagte Franziskus. „Er hat eine Tür geöffnet
für emeritierte Päpste, die es zuvor nicht gegeben hat.“ Nur Gott wisse, ob es weitere
Fälle dieser Art geben werde, „aber die Tür ist offen.“ Auch für sich selbst schloss
Franziskus einen Rücktritt nicht aus. So müsse sich ein Papst dieselben Fragen stellen
wie Benedikt, wenn er fühle, dass seine Kräfte schwinden. Wenn die Zeit gekommen sei,
„werde ich tun, was der Herr mir aufträgt, ich werde beten und versuchen, seinen Willen
zu ergründen. Aber ich glaube, dass Benedikt XVI. kein Einzelfall bleiben wird.”