Papst an Priester und Ordensleute: „Folgt Jesus treu nach“
Nach einem Mittagessen
mit der Franziskanergemeinschaft im Sankt-Salvator-Konvent innerhalb der Altstadtmauer
- auch das eine Abweichung vom Programm der Papstreise - traf Franziskus am frühen
Nachmittag in der Gethsemane-Kirche am Ölberg Priester, Ordensleute und Seminaristen.
Ihnen dankte er für ihr Wirken im Heiligen Land, und er rief sie zu treuer Nachfolge
Christi auf. Zugleich machte er ihnen Mut: „Lassen wir uns nicht von Angst und Trostlosigkeit
besiegen, sondern gehen wir mutig und zuversichtlich voran auf unserem Weg!“
Es
war ein herzlicher Applaus, mit dem Franziskus in der ganz gefüllten Kirche empfangen
wurde. Der Jubel wollte lange Zeit kaum abreißen: ,Viva il papa, viva il papa!' riefen
die zahlreichen Priester, Seminaristen sowie Ordensleute, darunter viele Schwestern,
die sich versammelt hatten, um den Papst zu sehen. In seiner Predigt ging der Papst
auf den besonderen Ort des Gebetes, der Angst und des Blutschwitzens Jesu ein. – Gethsemane
sei aber geheiligt vor allem durch Jesu „,Ja‘ zum liebenden Willen des Vaters“, betonte
der Papst:
„Beinahe scheuen wir uns, den Gefühlen nachzuspüren, die Jesus
in jener Stunde empfunden hat; gleichsam auf Zehenspitzen treten wir in jenen inneren
Ort ein, wo das Drama der Welt entschieden wurde. In jener Stunde hat Jesus das Bedürfnis
gespürt zu beten und seine Jünger, seine Freunde, die ihm gefolgt waren und seine
Sendung ganz von nahem geteilt hatten, bei sich zu haben. Doch hier in Getsemani wird
die Nachfolge schwieriger und unsicherer; Zweifel, Müdigkeit und Schrecken nehmen
überhand. In der sich überstürzenden Abfolge der Passion Jesu nehmen die Jünger unterschiedliche
Haltungen gegenüber dem Meister ein: Nähe, Entfernung, Unsicherheit.“
Seine
Zuhörer rief der Papst zur Treue Jesu gegenüber auf. Dabei ermutigte Franziskus alle
Bischöfe, Priester, gottgeweihte Personen und Seminaristen zur Gewissenserforschung:
„Wer
bin ich vor dem leidenden Herrn? Gehöre ich zu denen, die von Jesus aufgefordert sind,
mit ihm zu wachen, und stattdessen einschlafen; die anstatt zu beten, versuchen zu
entrinnen, indem sie die Augen vor der Realität verschließen? … Gibt es in mir etwa
die Doppelzüngigkeit, die Falschheit dessen, der Jesus für dreißig Silberlinge verkauft
hat; der Freund genannt worden war und ihn trotzdem verraten hat? … Oder befinde ich
mich dank Gottes Gnade unter denen, die treu waren bis zum Ende, wie die Jungfrau
Maria und der Apostel Johannes?“
Als auf Golgotha alles dunkel wurde und
jede Hoffnung erschöpft schien, sei „nur die Liebe stärker als der Tod“ gewesen, predigte
der Papst. Die Liebe habe Jesu Mutter und den „Lieblingsjünger“ am Fuße des Kreuzes
ausharren lassen, „um Jesu Schmerz bis zur Neige zu teilen“. Franziskus erinnerte: „Die
Freundschaft Jesu zu uns, seine Treue und seine Barmherzigkeit sind das unschätzbare
Geschenk, das uns ermutigt, unseren Weg der Nachfolge vertrauensvoll fortzusetzen,
auch wenn wir gefallen sind, Fehler gemacht und ihn verraten haben.“ Die Güte
des Herrn entbinde uns nicht „der Wachsamkeit gegenüber dem Versucher, der Sünde,
dem Bösen und dem Verrat, die auch das Leben der Priester und der Ordensleute durchkreuzen
können“, fuhr der Papst fort: „Wir spüren das Missverhältnis zwischen der Größe
der Berufung und unserer Kleinheit, zwischen der Erhabenheit der Sendung und unserer
menschlichen Hinfälligkeit. Doch in seiner großen Güte und unendlichen Barmherzigkeit
nimmt uns der Herr immer bei der Hand, damit wir uns nicht von der Erschütterung überfluten
lassen. … Lassen wir uns also nicht von Angst und Trostlosigkeit besiegen,
sondern gehen wir mutig und zuversichtlich voran auf unserem Weg und in unserer Sendung.
Ihr, liebe Brüder und Schwestern, seid berufen, dem Herrn in diesem gesegneten
Land voll Freude nachzufolgen! Das ist ein Geschenk und eine Verantwortung. Eure Präsenz
hier ist sehr wichtig; die ganze Kirche ist euch dankbar und unterstützt euch mit
dem Gebet.“Der Lateinische Patriarch Fouad Twal ging in seinem Grußwort auf die
schwierige Lage für Christen im Heiligen Land ein. Die Angst, die Jesus im Garten
Gethsemane durchlitten habe, dauere „für seine Söhne und Töchter“ fort, sagte der
Patriarch. Franziskus trug bei der Andacht in der Kirche am Ölberg eine rote Stola,
die schon Paul VI. bei seiner historischen Reise ins Heilige Land 1964 benutzte. Nach
dem Gottesdienst pflanzt er einen Ölbaum neben jenem, den sein Vorgänger vor 50 Jahren
gesetzt hatte.
Wieder Planabweichung: Spontanes Mittagessen mit Franziskanern Statt wie geplant mit dem päpstlichen Gefolge im Jerusalemer Notre-Dame-Zentrum
Mittag zu essen, stattete Franziskus den Franziskanerbrüdern im Sankt-Salvator-Konvent
innerhalb der Altstadtmauern am Mittag einen Besuch ab. Auf seinen eigenen Wunsch
sei er einzig vom Vatikanbotschafter, Erzbischof Giuseppe Lazzarotto, und vom Kustos
der Franziskaner im Heiligen Land, Pierbattista Pizzaballa, begleitet worden. Nach
Ordensangaben kam der Besuch so überraschend, dass die Küche nicht mehr rechtzeitig
über den hohen Gast informiert werden konnte. Auch die Brüder seien erst eine Stunde
vor dem Mittagessen informiert worden. Über den Speiseplan wurde nichts bekannt. Die
Franziskaner spielen als „Hüter der Heiligen Stätten“ eine wichtige Rolle im Heiligen
Land. Der Ordensgründer selbst, der heilige Franz von Assisi, hatte ihre Anwesenheit
an den Stätten der Bibel ausdrücklich gewünscht. 1229 war der Orden erstmals im Heiligen
Land vertreten.