Papst an Israels Präsident: „Christen wollen vollberechtigte Bürger sein“
Freier Zugang zu Jerusalems
heiligen Stätten und Verzicht auf jede Form von Gewalt und Diskriminierung: Das sind
die beiden unumwundenen Bitten, die Papst Franziskus an diesem Montag in Jerusalem
an Israels Präsidenten Shimon Peres gerichtet hat. Peres wird im Juni gemeinsam mit
Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas in den Vatikan zu einem Friedensgebet kommen,
wozu der Papst am Sonntag eingeladen hatte. Neuerlich würdigte Franziskus bei dem
Termin am Montag – ein Höflichkeitsbesuch im Präsidentenpalast – Peres als „Mann des
Friedens und Friedensstifter“ und drückte ihm seinen Dank und seine Bewunderung aus.
Vor dem Hintergrund der jahrzehntelangen Auseinandersetzungen zwischen Israelis und
Palästinensern wünschte der Papst in seiner Rede vor dem Präsidenten aber auch ausdrücklich,
„dass allerseits Initiativen und Taten vermieden werden, die dem erklärten Willen,
zu einer wirklichen Übereinkunft zu gelangen, widersprechen“.
„Mit Entschiedenheit
muss alles verworfen werden, was sich der Verfolgung des Friedens und eines respektvollen
Zusammenlebens von Juden, Christen und Muslimen entgegenstellt: Gewaltanwendung und
Terrorismus, jede Art von Diskriminierung aufgrund der Rasse oder der Religion, der
Anspruch, den eigenen Gesichtspunkt auf Kosten der Rechte anderer durchzusetzen, Antisemitismus
in all seinen möglichen Formen sowie Gewalt oder Äußerungen von Intoleranz gegen jüdische,
christliche und muslimische Personen oder Kultstätten.“
Die Christen in
Israel – sie sind zum größten Teil Palästinenser - möchten dem Papst zufolge „als
vollberechtigte Bürger“ und „von ihrer eigenen Identität her ihren Beitrag zum Gemeinwohl
und zum Aufbau des Friedens“ in Israel und Palästina leisten. Der Papst bezog sich
dabei wohl zum einen auf die Abschottungspolitik Israels, zum anderen auf die
zunehmenden antichristlichen Akte von Seiten ultraorthodoxer Juden. Die Christen in
Israel würde ihrerseits „jeden Extremismus zurückweisen und sich dafür einsetzen,
Urheber von Versöhnung und Eintracht zu sein“, so Franziskus.
Franziskus versprach
sein Gebet für Israel und den Präsidenten, „und ich weiß, dass auch Sie für mich beten“,
so der Papst. Was die Heiligen Stätten in Jerusalem betrifft, sagte Franziskus, sie
müssten „ständig in ihrem sakralen Charakter geschützt werden“, weil sie keine Sehenswürdigkeiten
seien, sondern Orte der Gemeinschaften der Gläubigen. Und noch eine Bitte:
„Wie
schön ist es, wenn die Pilger und die Bewohner freien Zugang zu den heiligen Stätten
haben und an den religiösen Feiern teilnehmen können!“
Papst und Präsident
sind einander allem Augenschein nach sehr gewogen. Shimon Peres empfing Franziskus
mit den Worten, der Papst habe auf seinem Weg nach Jerusalem „Frieden zwischen Juden
und Christen gesät“; Franziskus bringe „Kreativität und Phantasie“ mit, was für den
Frieden unerlässlich sei. Damit bezog sich Peres wahrscheinlich auf die Einladung
in den Vatikan gemeinsam mit Palästinenserpräsident Abbas. Franziskus hatte beide
Spitzenpolitiker zum Gebet um Frieden „in sein Haus“ eingeladen. Eine solche Geste
war bereits für den Heiliglandbesuch des Papstes geplant, konnte aber aus organisatorischen
Gründen nicht stattfinden. Die private Unterredung unter vier Augen zwischen Peres
und Franziskus dauerte erheblich länger als vorgesehen und fand in einem außerordentlich
herzlichen Klima statt, wie es hieß.
Vor den Ansprachen im Präsidentenpalast
gingen Peres und der Papst in den Garten, um gemeinsam ein Olivenbäumchen als Symbol
des Friedens zu pflanzen. Bereits Johannes Paul II. und Benedikt XVI. hatten bei ihren
jeweiligen Besuchen hier in den Jahren 2000 und 2009 dieselbe Geste gesetzt. Peres
zeigte Franziskus das Bäumchen Johannes Pauls, aus dem unterdessen ein stattlicher
Baum geworden ist. Ein stattlicher Chor von ganz in weiß gekleideten Kindern verschiedener
Glaubensrichtungen sang zu Ehren des Papstes ein flottes „Halleluja“ und zum Abschluss
ein getragenes „Shalom".