Als Paul VI. vor fünfzig Jahren in Jerusalem einzog, kam er zu Fuß im Gedränge kaum
vorwärts. Bei Franziskus, dem vierten Papst der Neuzeit, der Jerusalem besucht, wird
das am Sonntagabend ganz anders sein: Die Altstadt wird während seiner Visite zur
Geisterstadt, hundert Meter breit wird der Sicherheitskordon um ihn herum, das bedeutet
menschenleere Straßen. William Shomali ist der Lateinische Weihbischof von Jerusalem.
Er sagt im Gespräch mit Radio Vatikan:
„Das stimmt, die Sicherheitsvorkehrungen
hier sind extrem, ich würde sogar sagen übertrieben. Ich verstehe allerdings auch
die israelischen Bedenken: Der Papst hat ja einen offenen, ungepanzerten Wagen gewünscht,
das ist immer ein Risiko. Das Risiko könnte vor allem von den ultra-orthodoxen jüdischen
Extremisten kommen, die dem Papst den Tod wünschen.“
Extrem-nationalreligiöse
Juden sind gegen die Visite, sie fürchten vor allem Änderungen am Status des Gebäudes
auf dem Zionsberg, in dem sich sowohl das angebliche Grab Davids als auch der angebliche
Abendmahlssaal befinden. 15 jüdische Extremisten dürfen sich in den nächsten Tagen
auf Anordnung der Polizei nur eingeschränkt bewegen. Beim normalen Israeli auf der
Straße trifft der Papstbesuch dagegen auf Gleichgültigkeit. Elektrisiert sind dagegen
die Christen, viele von ihnen wollen versuchen, Franziskus in Betlehem zu sehen:
„Wir
haben keine Karten mehr für die Papstmesse vom Sonntag auf dem Krippenplatz. Das zeigt,
welche Erwartung es nicht nur bei den Katholiken, sondern auch bei den Orthodoxen
gibt!“
Den Orthodoxen gilt der Papstbesuch in besonderer Weise: Franziskus
trifft in Jerusalem das orthodoxe Ehrenoberhaupt, Patriarch Bartholomaios I. Erstmals
in der Geschichte werden die beiden Kirchenführer einen gemeinsamen Gottesdienst in
der Grabes- und Auferstehungskirche feiern. Shomali:
„Wir haben nie darüber
diskutiert: Wer wird eigentlich als erster das Heilige Grab betreten? Aber wir hoffen,
dass sie es wie Johannes und Petrus halten, als sie an das Grab Jesu kamen. Johannes
war schneller, ließ aber Petrus als ersten hineingehen. Außerdem: Wer als erster ins
Heilige Grab hineingeht, kommt als letzter heraus, denn die Tür ist klein.“