Papst im Heiligen Land: „Im Moment sind alle unzufrieden“
Stell dir vor, es
ist Papstreise – und niemand freut sich darauf. Nein, ganz so schlimm ist es nicht
im Heiligen Land, wenige Tage vor dem Besuch von Papst Franziskus. Aber der Jesuitenpater
David Neuhaus aus Jerusalem sagt doch ohne Umschweife:
„Im Moment sind alle
unzufrieden, ohne Ausnahme. Allerdings bin ich sicher – und das sage ich mit der Erfahrung
der anderen Papstreisen in der Vergangenheit –, dass hinterher doch alle zufrieden
sein werden. Alle sind jetzt unzufrieden, weil der Besuch kurz ist und weil er die
Christen nicht genug berücksichtigt; die meisten Christen Israels wohnen ja im Norden,
und der Heilige Vater will nicht nach Galiläa reisen, um die Christen dort zu besuchen.
Sie sind natürlich eingeladen, nach Bethlehem zu kommen, aber die Möglichkeiten in
Bethlehem sind sehr gering, was die Teilnahme an der Papstmesse auf dem Krippenplatz
betrifft. Wir sagen im Moment allen: Nehmt von ganzem Herzen an der Reise teil, selbst
wenn ihr nicht alle physisch den Papst sehen und zu ihm gehen könnt.“
Nicht
nur Christen in Galiläa, auch andere finden sich nicht auf Anhieb wieder in dem dreitägigen,
vollgestopften Reiseprogramm. Typisch Franziskus, sagt Pater Neuhaus im Gespräch mit
Radio Vatikan: Dieser Papst will nicht alles so machen, wie es immer war, sondern
er wählt aus und setzt Akzente.
„Man muss sagen, dass der Papst bei dieser
Reise vor allem einen ökumenischen Akzent setzt. Und das ist im Moment für uns im
Nahen Osten eine ausgesprochen wichtige Botschaft: die Einheit der Christen, das gemeinsame
Zeugnis – und dass dieses Zeugnis auch authentisch ist, gestützt auf unsere Einigkeit.
Im täglichen Alltagsleben der Christen wird das schon einigermaßen verwirklicht, aber
vielleicht muss man in dieser Hinsicht viel mehr noch mit unseren Bischöfen und Patriarchen
arbeiten, damit auch sie dieses Zeichen geben, das der Papst und der Ökumenische Patriarch
von Konstantinopel setzen wollen.“
An den Texten der Papstansprachen in
Jordanien, Palästina und Israel ist in den letzten Wochen im Vatikan viel gefeilt
worden. Pater Neuhaus, Seelsorger für die – wenigen – hebräischsprachigen Katholiken,
hofft aber, dass Franziskus trotz der vielen Fallen und Fußangeln, die ihn im Heiligen
Land erwarten, seine Spontaneität nicht verlieren wird.
„Ich hoffe – und
nicht nur ich allein – dass der Papst, der schon so viele Überraschungen ausgelöst
hat, auch uns überraschen wird! Wir brauchen jemanden, der unsere Vorstellungskraft
anregt. Die ist nämlich wegen der Umstände, unter denen wir leben, und wegen vieler
Animositäten erstarrt; ich hoffe, dass der Papst uns mit Freude ansteckt. Er hat diese
Gabe, in sehr einfachen Worten zu sagen, was unsere Identität und unsere Mission ist.“