2014-05-19 11:22:49

Papst im Heiligen Land: „Im Moment sind alle unzufrieden“


RealAudioMP3 Stell dir vor, es ist Papstreise – und niemand freut sich darauf. Nein, ganz so schlimm ist es nicht im Heiligen Land, wenige Tage vor dem Besuch von Papst Franziskus. Aber der Jesuitenpater David Neuhaus aus Jerusalem sagt doch ohne Umschweife:

„Im Moment sind alle unzufrieden, ohne Ausnahme. Allerdings bin ich sicher – und das sage ich mit der Erfahrung der anderen Papstreisen in der Vergangenheit –, dass hinterher doch alle zufrieden sein werden. Alle sind jetzt unzufrieden, weil der Besuch kurz ist und weil er die Christen nicht genug berücksichtigt; die meisten Christen Israels wohnen ja im Norden, und der Heilige Vater will nicht nach Galiläa reisen, um die Christen dort zu besuchen. Sie sind natürlich eingeladen, nach Bethlehem zu kommen, aber die Möglichkeiten in Bethlehem sind sehr gering, was die Teilnahme an der Papstmesse auf dem Krippenplatz betrifft. Wir sagen im Moment allen: Nehmt von ganzem Herzen an der Reise teil, selbst wenn ihr nicht alle physisch den Papst sehen und zu ihm gehen könnt.“

Nicht nur Christen in Galiläa, auch andere finden sich nicht auf Anhieb wieder in dem dreitägigen, vollgestopften Reiseprogramm. Typisch Franziskus, sagt Pater Neuhaus im Gespräch mit Radio Vatikan: Dieser Papst will nicht alles so machen, wie es immer war, sondern er wählt aus und setzt Akzente.

„Man muss sagen, dass der Papst bei dieser Reise vor allem einen ökumenischen Akzent setzt. Und das ist im Moment für uns im Nahen Osten eine ausgesprochen wichtige Botschaft: die Einheit der Christen, das gemeinsame Zeugnis – und dass dieses Zeugnis auch authentisch ist, gestützt auf unsere Einigkeit. Im täglichen Alltagsleben der Christen wird das schon einigermaßen verwirklicht, aber vielleicht muss man in dieser Hinsicht viel mehr noch mit unseren Bischöfen und Patriarchen arbeiten, damit auch sie dieses Zeichen geben, das der Papst und der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel setzen wollen.“

An den Texten der Papstansprachen in Jordanien, Palästina und Israel ist in den letzten Wochen im Vatikan viel gefeilt worden. Pater Neuhaus, Seelsorger für die – wenigen – hebräischsprachigen Katholiken, hofft aber, dass Franziskus trotz der vielen Fallen und Fußangeln, die ihn im Heiligen Land erwarten, seine Spontaneität nicht verlieren wird.

„Ich hoffe – und nicht nur ich allein – dass der Papst, der schon so viele Überraschungen ausgelöst hat, auch uns überraschen wird! Wir brauchen jemanden, der unsere Vorstellungskraft anregt. Die ist nämlich wegen der Umstände, unter denen wir leben, und wegen vieler Animositäten erstarrt; ich hoffe, dass der Papst uns mit Freude ansteckt. Er hat diese Gabe, in sehr einfachen Worten zu sagen, was unsere Identität und unsere Mission ist.“

(rv 19.05.2014 sk)








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