2014-05-12 09:47:54

Paul VI.: Darum ist er selig


Papst Paul VI. wird selig gesprochen: Sehr schnell hat der Vatikan dieses Gerücht bestätigt. Franziskus hat sein Einverständnis gegeben, am 19. Oktober 2014 wird er seinen Vorgänger ins Buch der Seligen einschreiben. Nun darf man natürlich den Montini-Papst nicht auf seine umstrittene Enzyklika „Humanae Vitae“ zu Ehe und Familie und zur Geburtenkontrolle reduzieren. Aber zwei Faktoren lenken doch die Aufmerksamkeit auf gerade diesen Punkt seines Pontifikats. Zum einen der Umstand, dass die Seligsprechung am letzten Tag der Bischofssynode über Ehe und Familie stattfinden wird. Zum anderen die Tatsache, dass das untersuchte Wunder Pauls VI. an einem ungeborenen Kind geschah. Wird also sozusagen „Humanae Vitae“ selig gesprochen? Wir sprachen mit dem Postulator im Verfahren Pauls VI., Pater Antonio Marrazzo.

„Er hat bis zum Schluss immer wieder gesagt: ‚Ich bereue nicht, was ich getan und geschrieben habe.’ Die Enzyklika ist in reduktiver Weise gelesen worden: Er hatte sie als Enzyklika über die eheliche Liebe angelegt, das Thema ist also sehr viel breiter, doch dann haben manche sie auf etwas einseitige Weise gelesen. Ich glaube, Montinis Idee war einerseits, die Kontinuität im Lehrgebäude der Kirche zu wahren; auf der anderen Seite versuchte er dem entgegenzukommen, was der Wert der ehelichen und familiären Realität ist, auch den dringenden Fragen, die sich in der modernen Welt stellten. Natürlich gibt es bei einem heiklen Thema immer einige, die dafür, und andere, die dagegen sind. Paul VI. war dann vor allem bestürzt über die Gewalt, mit der einige ihre Position vorbrachten. Aber es hat ihn nun auch nicht sehr belastet, denn er folgte dem, was er als den Willen Gottes in diesem historischen Moment erkannt hatte, und setzte das um.“

Pauls Pontifikat (1963-78) fiel in eine schwierige Zeit: Das Konzil hatte große – vielleicht zu große – Erwartungen geschürt, die Zahl der geistlichen Berufungen brach ein, der Westen geriet in Turbulenzen (Stichwort: 1968), und das alles führte auch die Kirche in unruhiges Fahrwasser.

„Manchmal machte Paul VI. den Eindruck, ein zweifelnder, mit sich ringender Papst zu sein. Aber das war er gar nicht. Aus den Unterlagen, die wir genau durchleuchtet haben, ergibt sich vielmehr eine Persönlichkeit, die diese Zeit mit großer Hoffnung durchlebte. Er hat sich immer um ein Gleichgewicht der Dinge bemüht und darum, ein Fixpunkt zu sein. Wir erleben die Selig- und die Heiligsprechungen der Päpste, die das Zweite Vatikanische Konzil durchgeführt und erlebt haben, die sich auch um seine Umsetzung gekümmert haben. Das alles führt uns vor Augen, dass die Kirche eine aktive Präsenz in unserer Welt ist, im sozialen Bereich, und dass sie im Zeichen der Barmherzigkeit mit dem Menschen ins Gespräch kommen will.“

Dass Papst Franziskus auf Paul VI. große Stücke hält, wird immer wieder deutlich, etwa in seinem Apostolischen Schreiben „Evangelii Gaudium“ vom letzten Herbst, in dem er sich oft auf Papst Montini und dessen Text „Evangelii Nuntiandi“ bezieht. Im Kirchenvolk aber ist Paul nicht so richtig populär, hier harrt er noch einer Art Wiederentdeckung.

„Man muss ihn ein bisschen in der richtigen Optik wiederentdecken. Man spricht nicht viel von ihm, aber ich habe festgestellt, wie stark die Erinnerung an ihn ist. In diesen sieben Jahren, in denen ich der Postulator in seiner Causa war, haben mir viele Leute aus aller Welt immer wieder gesagt: ‚Bitte sorge doch dafür, dass er zum Seligen gemacht wird!’, fast als ob das von mir abhinge. Ja, wir sollten Montini wiederentdecken: Wir entdecken dabei auch die historische Epoche wieder, die er mitgestaltet hat, und erst heute, mit einigem zeitlichem Abstand, verstehen wir vollends und mit mehr Klarsicht seine großen Führungsqualitäten. Ich weiß von vielen Menschen, die ihn im Gebet anrufen. Man könnte sagen, er hat einen versteckten, aber nicht vergessenen Ruf der Heiligkeit. Montini ist nicht vergessen worden. Er ist immer noch ein starker Bezugspunkt.“

(rv 12.05.2014 sk)








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