2014-05-02 11:50:58

Vatikan/Algerien: Dialog macht man vor Ort


Algerien beginnt sich wieder für seine alte christliche Geschichte zu interessieren. Das beobachtet Kardinal Jean-Louis Tauran, der Präsident des Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog. Tauran hält sich in diesen Tagen auf Bitte von Papst Franziskus in Algerien auf, um als dessen Stellvertreter an den 100-Jahr-Feiern zur Erhebung der Augustinuskirche zur Basilika teilzunehmen. Die Kirche steht in Annaba, dem antiken Hippo.

„Die Christen waren hier historisch vor dem Islam beheimatet, und das algerische Volk kennt diese Seite seiner Geschichte. Augustinus war Algerier. Und was für einer! Er verband die beiden Ufer des Mittelmeeres. Er ist ein Denker, ein Genie, nur wenige Menschen haben sein Format. Auf mich macht es Eindruck daran zu denken, dass er einige der schönsten Texte der Theologie schrieb, während gleichzeitig Hippo unter Besatzung stand. Außerdem kümmerte er sich um die Flüchtlinge und nahm als Hirte am Alltagsleben seiner Gläubigen teil. Sein großer Beitrag ist: Es gibt keinen Gegensatz zwischen Glauben und Vernunft.“

In Algerien bekennen sich neun von zehn Menschen zum Islam. Der Dialog zwischen den Religionen ist lebenswichtig für die Minderheit – und dieser Dialog kann nur im Land selbst stattfinden, betont Kardinal Tauran.

„Der päpstliche Dialograt ermuntert und koordiniert Initiativen; wie haben besonders Kontakte zu den Bischofskonferenzen und den Ortsbischöfen, denn der Dialog wird nicht auf der Via della Conciliazione in Rom geführt: Dialog macht man vor Ort. Also in Algerien, in den Pfarreien. Es ist ein Dialog des Lebens, und der ist sehr wichtig: Zusammen leben, angesichts derselben Probleme und Sorgen, als Gläubige. Ich denke, die Spontaneität der Beziehungen ist die Grundlage jedes Dialogs, und der Dialog gründet sich immer auf Freundschaft. Man muss einander kennenlernen und schätzen und ein Stück des Wegs gemeinsam gehen.“

Auch eine Botschaft von Papst Franziskus hat Kardinal Tauran mit nach Algerien gebracht. Sie spricht vom Dialog zwischen den Religionen – aber nicht nur.

„Es geht auch um die Dankbarkeit der katholischen Kirche für das Verständnis und die Großzügigkeit der Muslime, denn die algerischen Behörden haben sich auch wirtschaftlich an der Restaurierung dieser schönen Kirche beteiligt.“

Auch eine persönliche Spende von Papst Benedikt XVI. trug zur Deckung der Kosten bei. Die Basilika des Heiligen Augustinus erhebt sich auf einem Hügel im äußersten Nordosten Algeriens. Sie ist im arabisch-byzantinischen Stil errichtet und wurde 1881 geweiht. Für Kardinal Tauran ist diese Kirche ein Zeichen dafür,

„dass die Religionen keine Gefahr sind, sondern im Gegenteil eine Quelle des Friedens und der brüderlichen Gemeinschaft. Diese Basilika erinnert daran, dass es keine Zukunft gibt, wenn es nicht eine geteilte Zukunft ist.“

Die Kirche in Algerien geht auf das 2. Jahrhundert zurück und erlebte im 3. und 4. Jahrhundert ihren Höhepunkt unter dem heiligen Augustinus, Bischof von Hippo. Das Wirken dieses Kirchenvaters der Antike prägte das Denken des Abendlandes wesentlich. Zu Beginn des Mittelalters verdrängte die Ausbreitung des Islams das Christentum aus dieser Region. Erst ab dem 19. Jahrhundert kamen die Christen mit den französischen Besatzern zurück. Viele von ihnen verließen das Land vor rund einem halben Jahrhundert mit der Gründung des Staates Algerien und dem Abzug der ehemaligen Besatzer.

(rv 02.05.2014 gs)








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