Tagung zum Thema Arbeit: Selbsthilfe ist die beste Hilfe
Nach zwei Tagen endet
an diesem Mittwoch im Vatikan die Konferenz zum Thema Arbeit und Arbeitsbekämpfung
unter dem Motto „Menschenwürdige Arbeit“. Sie fand unter der Schirmherrschaft des
Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden an diesem Dienstag und Mittwoch in
Rom statt.
„Uns bleibt viel zu tun…“: So lautet das Resümee Martin
Robra vom ökumenischen Rat der Kirchen, der an der Tagung teilgenommen hatte. Die
von der internationalen Arbeitsorganisation präsentierten Zahlen geben ihm Recht:
1,2 Milliarden Menschen überleben täglich mit weniger als einem Dollar, mehr als 200
Millionen Menschen weltweit sind arbeitslos, über 707 Millionen Menschen haben zwar
einen Job, aber leben unter jeglicher Armutsgrenze, 106 Millionen Kinder leisten Kinderarbeit
und 21 Millionen Menschen sind Opfer moderner Sklaverei und Menschenhandel.
Ein
Job allein reicht nicht
Einen Job zu haben reicht nicht - es muss ein menschenwürdiger
Job sein, mit rechtlichen Rahmenbedingungen, die Menschenrechte müssen gewahrt werden,
Sicherheit gegeben sein: Gemeinsam haben katholische „Nichtregierungsorganisationen“
aus aller Welt und die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) der Vereinten Nationen
ein Statement zur „Menschenwürdigen Arbeit“ verfasst, um es bei den Verhandlungen
2015 mit den Vereinten Nationen zu einem UN-Milleniumsziel zu machen.
Dass
das Thema der Arbeit international enorm breit gefächert ist, hat das Seminar bewiesen
und das meint auch der Jesuit Pierre Marrinot-Lagarde, Beauftragter für sozial-religiöse
Angelegenheiten der ILO:
„Es geht um die prekären Arbeitsbedingungen, Kinderarbeit,
Jugendarbeitslosigkeit, Moderne Skalverei....die Themen sind da. Es ist ein weites
Feld an Problematiken. Während in Spanien der Fokus auf der Jugendarbeitslosigkeit
liegt, konzentriert sich Singapur auf die Problematik der Migration – denn das sei
dort eine wichtige Frage.“
Selbsthilfe ist die beste Hilfe
Aber
wo anfangen? Einige dieser unterschiedlichen Aspekte und einzelnen Projekte, die gegen
die Ungerechtigkeiten der Arbeitswelt kämpfen, wurden bei der Tagung von den Nichtregierungsorganisationen
der katholischen Kirche präsentiert. Ein Erfolgsbeispiel für die Erschaffung von nachhaltigen
Arbeitsplätzen ist Kolping International. Augustin Francis, Verantwortlicher und Vertreter
von Kolping International aus Indien, erklärt warum:
„Selbsthilfe ist die
beste Hilfe, weil wir nicht immer mit den Betroffenen sein können. Wir motivieren
die Menschen selbstständig zu werden. Zum Beispiel eine Frau, die als Haushaltshilfe
arbeitet, in drei unterschiedlichen Haushalten. Sie bekommt pro Haushalt 20 Euro.
Das reicht leider nicht zum Leben. Sie ist arm und keine Bank würde ihr einen Kredit
geben. Durch Kolping bekommt sie zusätzlich einen Kredit und kann sich einen kleinen
Shop leisten. Es ist ein weiteres Einkommen für sie und das gibt ihr Selbstsicherheit
– denn jetzt ist sie selbstständig. "
Den Menschen werde so der Weg in
die Selbstständigkeit ermöglicht. Mit Hilfe von speziellen Ausbildungen und billigen
Krediten könnten sie Anschaffungen machen, wie zum Beispiel eine Webmaschine kaufen.
Dann könnten sie unabhängige Unternehmerinnen werden, Geld verdienen, die Kredite
zurückzahlen. Schließlich könnten sie auch andere Frauen von Kolping ausbilden und
dann anstellen. Das sei nachhaltige Entwicklung von Arbeitsplätzen, so entstehe ein
sich immer weiter verbreitendes Netzwerk. Es helfe zusätzlich, das Rollenbild der
Frauen in Indien zu verändern. Sie lernten in Form von Gemeinschftsgruppen sich gegenseitig
zu unterstützen und erweiterten so ihr Selbstvertrauen.
Den Menschen wird geholfen,
aber nur teilweise. Ihnen wird der Weg in die Unabhängigkeit erleichtert, durch diese
Organisationen. Verschiedene Trainingformen und Ausbildungen sind das Mittel zum Zweck.
Patrick Kioko von Kolping International aus Kenia erzählt im Gespräch mit Radio Vatikan
wie wichtig innovative „Ideen“ sein können.
„Unser spezielles Training wird
auf die Bedürfnisse der Menschen angepasst – Friseurausbildung, Zimmerei, Computerausbildung.
Wir bieten eine Jugend-freundliche Ausbildung und Kurse an. Ein anderes Beispiel sind
die Handys. Sie sind sehr beliebt bei den Jugendlichen, aber wenn sie kaputt sind,
müssen sie diese entsorgen oder sie in der Grosstsadt reparieren lassen. Bei uns lernen
sie, wie sie Handys reparieren oder auch Mopeds. Damit können sie Geld verdienen,
sind beschäftigt und werden unabhängig. Dann sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass sie
Drogen nehmen oder kriminell werden.“
Durch selbstfinanzierende Selbsthilfegruppen
seien in Kenia bereits „Wunder“ geschehen, so Kyoko:
„In vielen Fällen haben
sich Frauen zusammengeschlossen um Büchershops zu eröffnen. Und sie verdienen 10
bis 12 Euro pro Tag – und wenn man in Kenia 10 Euro pro Tag verdient, dann ist das
viel wert. Mit diesem Geld können sie die Familie ernähren, den Kredit zurückzahlen
und noch mehr Anschaffungen machen.“
„Menschenwürdige Arbeit" muss globalisiert
werden, Arbeitsbedingungen verbessert und neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Das
ist das Ziel der katholischen Organisationen, die am Ende des Seminars ihre Besorgnis
vor allem für die Themen der Migration, Jugendarbeitslosigkeit, Arbeitsausbeutung
und prekären Arbeitsverhältnissen ausgesprochen haben. Der wachsenden Ungerechtigkeit,
der Kluft zwischen Arm und Reich muss entgegengewirkt werden. Der Kreislauf von Arbeitslosigkeit,
Unterbeschäftigung, Ausgrenzung, Armut und Verzweiflung muss durchbrochen werden.
Das nächste Treffen ist bereits angesetzt für Juni dieses Jahres in Genf, im Zuge
der Internationalen Arbeitskonferenz.