2014-04-12 11:07:53

D: Abschiebehaft auf dem Prüfstand


RealAudioMP3 Auch wenn sie nichts verbrochen haben, werden sie in Gefängnisse gesteckt: Flüchtlinge, die auf ihre Abschiebung warten. In der Mehrzahl der deutschen Bundesländer werden sie dabei auch gemeinsam mit Straftätern untergebracht. An diesem Freitag wurde dem Bundesjustizministerium ein Bericht des Nationalen Zentrums für die Verhütung von Folter – einer staatlichen Einrichtung – übergeben, in dem Schicksale von Flüchtlingen geschildert werden, die dieses Schicksal erleiden. Der Europäische Gerichtshof prüft nun, ob diese Praxis gegen EU-Recht verstößt. Dieses Recht sieht nämlich ein „Trennungsgebot“ vor, d.h. Abschiebehäftlinge und verurteilte Straftäter müssen getrennt voneinander untergebracht werden. Konkret verhandelt werden nun drei konkrete Fälle. Heiko Habbe, Jurist beim Jesuiten-Flüchtlingsdienst, erklärt warum es dieses Trennungsgebot gibt.

„Die Bedingungen im Strafvollzug sind regelmäßig sehr viel schärfer, sie dürfen oft nicht ihre eigene Kleidung tragen, müssen Anstaltskleidung tragen, dürfen kein privates Handy besitzen. Es regiert immer die Sicherheit. Das ist bei Abschiebungsgefangenen letztlich nicht sachgerecht, denn sie sollen ja nur da sein an dem Tag, an dem sie abgeschoben werden sollen. Es geht also eigentlich um einen besseren Hausarrest, der aber jetzt unter Bedingungen erfolgt, die eben sehr nah am Gefängnisalltag.“

Ein Grund für die gemeinsame Unterbringung sind die Kosten. Laut Medienangaben ist die Anzahl der Abschiebehäftlinge bundesweit unter 5.000 Personen, 2011 waren es noch knapp 7.000. Eine gesonderte Unterbringung sei viel zu kostspielig, lautet das Argument. Unterbringung ist Ländersache, so lautet das Plädoyer der Bundesregierung vor dem Gericht in Strassburg. Habbe berichtet davon, dass während des Prozesses die Richter sehr kritisch nachfragen. Aber nicht nur das:

„Zum anderen erleben wir - und das ist fast noch die viel spannendere Entwicklung -, dass parallel zu diesem Verfahren ein Bundesland nach dem anderen sich im Grunde dem europäischen Recht einordnet und sagt: "Gut, wir hören auf, die Leute ins Gefängnis zu stecken. Wir richten entweder eigene Abschiebungshafteinrichtungen ein." Das ist in Bayern inzwischen passiert. "Oder wir kooperieren mit anderen Bundesländern und schicken die Leute dann in eine spezielle Hafteinrichtung, wo bessere Bedingungen herrschen." Das macht zum Beispiel Sachsen so, sie schicken die Leute jetzt nach Berlin.“

Eine Prognose über den Ausgang des Prozesses wagt der Jurist nicht, er hoffe aber auf eine Entscheidung zugunsten eines menschlicheren Vollzuges des Rechtes.

„Vor allen Dingen hoffen wir, dass die Inhaftierung gerade von Asylsuchenden, die in andere EU-Staaten überstellt werden sollen aufhören wird. Das sind mittlerweile bis zu 80 Prozent der Inhaftierten. Da erschließt sich eigentlich nicht, warum jemand, der hier Schutz suchen will, der auch ein Anliegen an die deutschen Behörden hat, warum der wochenlang inhaftiert wird.“


(domradio 12.04.2014 ord)








All the contents on this site are copyrighted ©.