2014-03-24 14:54:29

Neue Missbrauchsstudie: „Wir wollen Klarheit und Transparenz“


RealAudioMP3 Die Deutsche Bischofskonferenz gibt erneut eine Erforschung von sexuellem Missbrauch durch Kleriker in Auftrag. Bei einer Pressekonferenz in Bonn stellte der Missbrauchsbeauftragte, der Trierer Bischof Stephan Ackermann, das Projekt vor. Der Auftrag geht wie angekündigt an einen interdisziplinären Forschungsverbund, dem unter anderem Mediziner, Psychiater, Sozialwissenschaftkler und Kriminologen angehören, man wolle Sachverstand aus den verschiedensten Bereichen, so Bischof Ackermann. Geleitet wird das Projekt von Harald Dreßling vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim als Koordinator. Drei wesenliche Punkte wolle man erreichen, so Bischof Ackermann:

„Erstens geht es uns um eine Erhebung quantitativer Daten zur Auftretenshäufigkeit und zum Umgang mit sexuellen Missbrauchshandlungen an Minderjährigen im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz. Es soll zweitens neben der quantitativen auch eine qualitative Analyse institutioneller Einflüsse im Sinne einer Täter-Opfer-Institutionen-Dynamik geben, das heißt wir wollen eine vertiefte Einsicht in das Vorgehen der Täter und über das Verhalten von Kirchenverantwortlichen in den zurückliegenden Jahrzehnten erhalten. Und schließlich soll es drittens eine Zusammenführung bereits vorliegender nationaler und internationaler empirischer Befunde und Studienergebnisse mit den in unserem Projekt gewonnenen Erkenntnissen geben. Es gibt ja eine Reihe von Ergebnissen, die schon da sind, und ich glaube, dass es interessant ist, wenn man das miteinander vergleichen kann.“

Man wolle „Klarheit und Transparenz“ über diese „dunkle Seite“ der Kirche - um der Opfer willen, aber auch um der Prävention willen, so Ackermann. Am 28. August des letzten Jahres war das Projekt von der Deutschen Bischofskonferenz ausgeschrieben worden, insgesamt drei Forschungsverbünde mit insgesamt 22 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern hatten sich beworben. Die Frühjahrs-Vollversammlung in Münster traf dann unlängst die Entscheidung.

„Wir alle haben die erschütternden Fälle sexuellen Missbrauchs, die im Jahr 2010 bekannt wurden und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die katholische Kirche zutiefst beschädigt haben, sehr wohl in Erinnerung. Als wir Bischöfe während der Frühjahrsvollversammlung [2010] in Freiburg eine erste gründliche Aussprache über diese Enthüllungen führten, haben wir in der Erklärung am Ende dieser Vollversammlung Folgendes als erstes Ziel formuliert: Es geht darum, die Wahrheit aufzudecken. Wir wollen eine ehrliche Aufklärung, frei von falscher Rücksichtnahme, auch wenn uns Vorfälle gemeldet werden, die schon lange zurück liegen. Die Opfer haben ein Recht darauf.“


Der Leiter des neuen Projektes Harald Dreßing erklärte, Ziel der auf dreieinhalb Jahre angelegten Studie sei es, „den sexuellen Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche sowohl für die Betroffenen als auch für die Öffentlichkeit so transparent wie möglich aufzuarbeiten. Im Rahmen eines modularen Projektablaufs sollen dabei nicht nur Daten aus Kirchenarchiven ausgewertet werden, sondern es werden auch externe Datenquellen einbezogen, die eine vergleichende Analyse mit anderen Formen des institutionellen Missbrauchs ermöglichen.“ Die Erfahrungen der Opfer sollen schon bei der Entwicklung der Forschungsinstrumente, aber auch bei der Interpretation der Ergebnisse durch Einrichtung eines Beirats von Anfang an miteinbezogen werden: „Dieser Beirat wird Betroffene und Wissenschaftler sowie Vertreter der Kirche umfassen. Er soll das Projekt wissenschaftlich und ethisch begleiten,“ so Dreßing.


Der zweite Versuch

Ein erster Versuch der wissenschaftlichen Erforschung war im Januar 2013 gescheitert. Das vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen 2011 begonnene Forschungsprojekt sollte durch umfangreiche Aktenstudien belastbare Zahlen zum Missbrauch erbringen, den Verlauf der Taten aus der Sicht der Opfer nachvollziehen, das Handeln der Täter analysieren und klären, wie sich die Kirche gegenüber Tätern und Opfern verhalten hat. Dazu sollte das KFN möglichst viele Personalakten der 27 deutschen Bistümer untersuchen. Doch es kam zum Zerwürfnis: Das Vertrauensverhältnis sei zerrüttet, hieß es 2013 bei der Bischofskonferenz. Man habe sich nicht auf die Untersuchungsmethoden einigen können. Dem Projektleiter Christian Pfeiffer wurden Sprunghaftigkeit und mangelnde Seriosität vorgeworfen. Allerdings gab es auch kirchenintern erhebliche Widerstände gegen das Projekt. Das „Netzwerk katholischer Priester" etwa kritisierte fehlenden Datenschutz wegen der Akteneinsicht für Pfeiffer und verwies auf den im Kirchenrecht vorgesehenen Umgang mit Akten.

Nach dem Scheitern des ersten Versuches war sofort ein zweiter Anlauf angekündigt worden, schon damals war ein Forscherverbund ins Auge gefasst worden.

(pm/domradio/kna 24.03.2014 ord)









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