Man muss sich in Fragen
der Ehepastoral der Realität stellen. Das sagt der Sekretär der Bischofssynode, Kardinal
Lorenzo Baldisseri. Im Interview mit Radio Vatikan unterstreicht er die Notwendigkeit,
sich mit den gewandelten Umständen zu befassen und auch gescheiterte Ehen innerkirchlich
anzusprechen. Die Umfrage zur Ehepastoral im Vorfeld der Bischofssynode im Herbst
habe gezeigt, wie wichtig es sei, dass die Menschen ungefiltert über ihre Erfahrungen
sprechen könnten. Lösungen, die im Urteil der die Kirche angemessen sind und der Wahrheit
und Liebe entsprächen, sind möglich, so der Kardinal. Das Entscheidende sei, dass
man sich des Themas annehme und darüber spreche, ähnlich wie bei einem Kranken, der
allein und verlassen ist; Wenn ihm jemand zur Seite stehe, „geht es ihm gleich besser,
er erfährt Trost und neuen Lebensmut“.
(rv 23.03.2014 mc)
Hier die Äußerungen
von Kardinal Baldisseri:
„Die Initiative Johannes Pauls II., über das Thema
Familie zu sprechen und damit auch von der Ehe, ist sehr wichtig für die Kirche gewesen.
Seit jener berühmten Enzyklika „Familiaris Consortio“ (1981) sind viele Jahre vergangen;
und Papst Franziskus hat es für notwendig gehalten, das Thema erneut aufzugreifen,
um im Licht des Evangeliums und der gewandelten Umstände, Perspektiven für eine Aktualisierung
der Lehre der Kirche zu entwickeln. Viele Themen, viele Probleme und viele Situationen
haben sich seitdem gewandelt; deswegen muss die Kirche in der Lage sein, auf diese
Herausforderungen zu antworten.“
Wie nähern Sie sich diesen Herausforderungen?
„In
erster Linie, in dem man sie kennt, nicht nur durch die Medien. Und indem wir dafür
sorgen, dass die Menschen zu Wort kommen und ihre eigene Geschichte erzählen können.
Deswegen hat die Synode die Initiative ergriffen, ein Vorbereitungsdokument mit einer
Umfrage zu versenden. Das hat natürlich auf die Leute gewirkt: Sie haben das Gefühl
gehabt, endlich ausdrücken zu können, was sie denken und ungefiltert weiterzugeben,
was sie direkt erleben.“
Man spricht vom Zeugnis der christlichen Eheleute.
Oft ist es aber schwierig, dieses Zeugnis anzunehmen, wenn man an einer gescheiterten
Ehe leidet.
„Genau darum geht es. Durch diese Umfrage haben wir nicht nur
das Zeugnis von Paaren erhalten, die ihre Ehe gemäß dem Glauben leben, sondern auch
von solchen, die das nicht erlebt haben und gescheitert sind. Wir wollen diese Personen
und ihr Leid kennenlernen, um uns besser um sie zu kümmern und pastoral beistehen
zu können. Und dann natürlich auch helfen, Lösungen zu finden, die die Kirche im konkreten
Einzelfall für angemessen hält, die aber zugleich der Wahrheit und Liebe entsprechen.
Das ist das Drama: In vielen Fällen gibt es keine Lösung, weil den Menschen nicht
geholfen wird. Es kann Wege geben. Das Entscheidende ist, dass man sich des Themas
annimmt, darüber spricht. Wenn man darüber spricht, sind die Menschen bereits in einer
besseren Lage, sie sind froh darüber. Es ist wie bei einem Kranken, der allein und
verlassen ist; es reicht, dass jemand ihm zur Seite steht, und gleich geht es ihm
besser, er erfährt Trost und gewinnt neuen Lebensmut.“