Schweiz: Akademische Fortbildung für Imame gegen Fundamentalismus
An der Universität
Freiburg in der Schweiz entsteht ein akademisches Zentrum für Islam und Gesellschaft.
Es ist – und das ist bemerkenswert – an der theologischen Fakultät angesiedelt. Über
den Weg der Fortbildung von Imamen, Muslimen und allen, die sich für den Islam interessieren,
will das Zentrum die Integration muslimischer Gläubiger in der Schweiz fördern. Dennoch
wurde umgehend Kritik an dem akademischen Vorhaben laut. Nur vordergründig geht es
um Geld. Der Kanton müsse bei Bildungsausgaben sparen, eine Investitionen in einen
neuen Studiengang an der Universität sei nicht nachzuvollziehen, hieß es vonseiten
bürgerlicher Parteien; die Investitionen sind im Vergleich freilich minimal. Gleichzeitig
wurden Befürchtungen laut, ein solches Zentrum gefährde die katholische Identität
der Universität Freiburg. Der Rektor, der Dominikaner und Fundamentaltheologe Guido
Vergauwen, kann die Kritik nicht nachvollziehen.
„Es ist ein fakultätsübergreifendes
Angebot, und an dem einzelne Mitglieder der theologischen Fakultät gewisse Beiträge
leisten können. Aber in keiner Weise wird Abbruch getan am katholischen Charakter
der gesamten Fakultät. Ich bin der Meinung, es ist ein schlechter Dienst an einer
Religion, die doch jetzt schon sehr stark vertreten ist in der zweiten und dritten
Generation von Migranten, sie gesellschaftlich zu isolieren. Man muss ihnen die Möglichkeit
geben, auch im akademischen Bereich, sich selbst und die Religion zu reflektieren,
das trägt zur Integration bei.”
Vergangenen Donnerstag lud der Rektor
zu einem Studientag über das geplante Zentrum. Mehr als 100 Fachleute, darunter Exponenten
des Islam, sprachen über das Profil des Studienganges. Er soll Fragen des Schweizer
Religionsrechtes und der Soziologie abdecken und auch akademische Kenntnisse über
reformiertes und katholisches Christentum vermitteln. Die Kernfrage mancher Kritiker
ist:
„Könnte man sich nicht damit begnügen, das Thema des Islam religionswissenschaftlich-neutral
zu behandeln, wie man das allenfalls auch für das Christentum machen könnte? Die muslimischen
Partner, die auch in der Vorbereitungsgruppe mitgearbeitet haben, wollten das ausdrücklich
nicht. Für sie geht es um ihre Religion, um ihr Bekenntnis, um den Dialog, die Möglichkeit
ins Gespräch zu kommen mit Personen, die selber aus einer religiösen Überzeugung heraus
dieses Gespräch angehen. Es handelt sich nicht um eine abstrakte Auseinandersetzung
mit Religion, oder Islam oder Christentum, sondern um Begegnung mit Personen und die
Frage, wie können wir uns gegenseitig unseren Glauben artikulieren und daraus ein
besseres gegenseitiges Verständnis erzielen.”
Die Universität wird die
Lehrenden selbst aussuchen, um eine akademische Qualifikation zu gewährleisten. Für
so genannte islamische „Hassprediger“ wird das Zentrum für Islam und Gesellschaft
per se unattraktiv sein, meint Pater Vergauwen.
„Ich glaube, dass Hassprediger
gerade nicht die akademische Auseinandersetzung suchen, so wie auch fundamentalistische
Kreise im Christentum nicht unbedingt die Präsenz einer Theologie innerhalb der Universität
anstreben. Ich habe in der Studientagung am Donnerstag kein einziges Wort von Hass
gehört. Es gab freilich auch Rückfragen, aber keineswegs wird hier der Hass und das
Unverständnis gegeneinander geschürt.”