Venezuela: Wenn jemand vermitteln kann, dann die Kirche
Es gibt immer wieder
Unruhen auf der Straße, es gibt Tote und Verletzte, auch Kirchengebäude sind mittlerweile
betroffen: Venezuela kommt nicht zur Ruhe. Seit Wochen wird protestiert, und die Proteste
und die Reaktionen darauf werden immer gewalttätiger.
Die Menschen gingen auf
die Straße, weil die normalen Dinge des täglichen Bedarfs fehlten. Das berichtet Rainer
Wilhelm, Länderreferent des Hilfswerkes Adveniat in Essen. Vor allem die Jugendlichen
protestierten in der Hoffnung auf eine Verbesserung der Situation. Dabei haben die
Proteste ursprünglich eher beiläufig angefangen.
„Der eigentliche Auslöser
war eine einfache Sache, es ging darum, auf die schwierige Sicherheitslage aufmerksam
zu machen. Im vergangenen Jahr sind fast 25.000 Menschen in Venezuela ermordet worden.
Die Menschen gehen auf die Straße, weil sie sich unsicher gefühlt haben und unsicher
fühlen. Hinzu kam auch die Mangelwirtschaft. Das Land ist völlig korrupt. Man geht
auf die Straße, um dagegen zu protestieren und vor allem um eine verbesserte Lebenssituation
zu erreichen.“
25.000 Morde, eine unglaublich große Zahl: Allein in den
ersten beiden Monaten dieses Jahres seien bereits 2.800 Menschen durch Gewalt zu Tode
gekommen, berichtet Wilhelm. Die Hauptstadt Caracas sei mittlerweile eine der gefährlichsten
Städte auf der Welt. Der Grund dafür liege in der großen Verbreitung von Waffen, die
Führung habe Angst vor einer Invasion durch die USA gehabt und darum viele Waffen
unter das Volk gebracht, dann aber die Gruppen nicht mehr unter Kontrolle bekommen.
Auf
der Suche nach einer Lösung wird immer wieder die katholische Kirche genannt, die
Generalsekretäre der lateinamerikanischen Bischofskonferenz CELAM haben das Thema
beraten, sogar von Seiten der Organisation Amerikanischer Staaten wird mittlerweile
die Kirche als Vermittler ins Spiel gebracht. Eine Variante, die auch Venezuela-Kenner
Wilhelm für möglich hält.
„Wenn es eine Lösung und eine Vermittlung innerhalb
Venezuelas geben könnte, dann wäre es einzig und allein die Kirche. Sie hat die Kontakte
zu beiden Seiten, sowohl zur Regierung als auch zur Opposition, und sie ist auch eine
Organisation, die im Laufe der Jahre immer zu Vermittlung und Frieden aufgerufen hat
und sich nie mit nur einer Seite identifiziert hat. Natürlich ist auch die Kirche
polarisiert. Nichtsdestotrotz kann man ihr zutrauen, wirklich eine positive Vermittlerrolle
einzunehmen. Das Problem insgesamt ist aber, dass die Regierung kaum in
der Lage ist, dialogfähig zu sein. Man spricht inzwischen von Friedensverhandlungen,
was bedeutet, dass man mittlerweile auch schon an einen Bürgerkrieg denkt.“