Die Wahl des Papstes: „Es waren intensive Tage der Freude"
13. März 2013 – der
Tag des „Habemus Papam“, die Balkonszene, mit der vor einem Jahr so manches neu begann
in der Geschichte der Kirche. Wir richten unseren Blick heute auch auf den Mann, der
auf der Mittelloggia des Petersdoms links neben Bergoglio stand. Er reichte dem neuen
Papst das Mikrofon und hatte dabei ein versonnenes Lächeln. Der Priester Guillermo
Karcher kennt Pater Bergoglio seit mehr als 20 Jahren. Auch er ist Argentinier, auch
er kommt aus Buenos Aires. Karcher arbeitet im Staatssekretariat, ist aber außerdem
päpstlicher Zeremoniär – und hatte Dienst während des Konklaves.
„Als das
Tor nach dem „Extra Omnes“ geschlossen wurde, waren wir außerhalb der Sixtina und
haben gewartet und gewartet, wie die Wahl ausgeht. Als die Pforte aufging, habe ich
meinen - bis dahin - Erzbischof Bergoglio weiß gekleidet gesehen und es war für mich
ganz schön, ihn so zu sehen. Ich habe es mir nicht gedacht, dass er zum Papst gewählt
werden könnte. Ich habe mir sofort gedacht, das ist schön, ein Geschenk Gottes für
die Kirche.“
Gut eine Stunde verging zwischen dem weißen Rauch und der
Balkonszene. Eine Stunde, in der die Kardinäle und Assistenten dem neuen Papst Gehorsam
schworen, eine Stunde, in der Franziskus vor dem Allerheiligsten betete und mehrmals
versuchte, den emeritierten Papst Benedikt in Castelgandolfo anzurufen, bis er ihn
endlich am Telefon hatte.
„Und dann die Prozession zum Balkon. Als wir
am Balkon waren, auch das muss ich erzählen, hat er das Mikrofon ergreifen wollen,
und ich habe es noch stärker festgestellt, und dann hat er mich angesehen und gesagt,
ah, du bist es! Und dann habe ich gesagt, immer leise, zu ihm gesagt, sprechen Sie
ruhig. Er war bewundernswert, wie er diese ersten Worte gesagt hat, Buona sera, guten
Abend, und seine Geste und seine Ansprache, die so schön war, weil er schlichte Worte
gesprochen hat und der direkte Kontakt zu den Leuten gehabt hat.“
Danach
wurde gefeiert an jenem Abend. Karcher stieß zu Hause mit seiner Mutter an, die bei
ihm in Rom lebt, und nahm dutzende Glückwünsche per Telefon entgegen, aus Argentinien,
Italien und wohl auch aus Deutschland: wie sein Nachname verrät, hat der Priester
Vorfahren aus Deutschland, genauer aus dem nördlichen Schwarzwald.
„Es
waren intensive Tage in dieser Freude. Dann habe ich auch ein kleines Fest organisiert
für die argentinische Gemeinschaft hier in Rom, es gibt auch ein argentinisches Priesterkolleg,
ich habe alle schnell schnell angerufen und dieses Fest gemacht für den Papst und
bis dahin ehemaligen Erzbischof. Es war schön. Hundert Leute habe ich zusammengerufen
und bei der Aula Paul VI. haben wir schön gefeiert, gesungen und ihm alles Beste gewünscht.“
1992 hat der junge Priester Guillermo Karcher in Buones Aires die Feier
für die Bischofsweihe des neuen Weihbischofs Jorge Mario Bergoglio vorbereitet. Im
selben Jahr ging Karcher zum Weiterstudium nach Rom – und blieb. Doch der Kontakt
mit dem Weih- und später Erzbischof ist niemals abgebrochen. Jedes Mal, bevor er nach
Rom kam, rief Bergoglio den Studenten an und fragte, wie es ihm gehe und ob er etwas
aus der Heimat brauche, und umgekehrt besuchte Karcher den Bischof immer in Buenos
Aires, wenn er dort Ferien machte. „Ich kenne ihn sehr gut", erzählt Kacher.
„Er
ist ein Mann des Glaubens, der die Kirche liebt, der das Volk Gottes liebt, und der
dienen will. Er ist ein Bischof von Rom und damit von der Stadt, die der Welt dienen
soll in der Liebe.“
Und wenn sich Pater Bergoglio in seinem ersten Jahr
als Bischof von Rom verändert hat, dann zum Guten, findet Karcher:
„Mehr
Freude merke ich an ihm, muss ich sagen. Er macht alles freundlich und mit großer
Gelassenheit. Das ist ein Geschenk Gottes. Er freut sich, Papst zu sein."
Natürlich
laufen im Staatssekretariat seit einem Jahr eine Menge Anfragen von Landsleuten ein,
die ihren Papst gerne besuchen möchten. Karcher schaut, was sich machen lässt, um
die Leute in der ersten Reihe bei der Generalaudienz unterzubringen; er weiß, dass
sich der Papst darüber freut. Was es für den Heiligen Stuhl bedeutet, einen Papst
aus Lateinamerika zu haben, fragen wir den argentinischen Kurienpriester noch.
„Es
ist etwas ganz Neues für die Geschichte der Kirche. Ich würde es Komplementarität
nennen. Auf der anderen Seite, am Süden der Welt haben wir eine andere Erfahrung des
Glaubens und der Kirche gemacht. Wir in Südamerika leben unseren Glauben sehr frisch,
ohne Formalitäten. Das ist ein anderer Stil, eine andere Modalität. Es geht um denselben
Glauben, aber wir haben zB. in Argentinien ist es ein Mischmasch von Kulturen und
Denkarten, von Leuten, die fast alle von Europa nach Argentinien ausgewandert sind,
und jeder hat etwas mitgebracht, und das ist unser Reichtum.“